Aus dem Konzilstagebuch von Helder Camara (1909-1999), damals Weihbischof in Rio de Janeiro, 3. November 1962:
"Ich komme soeben zurück vom Pontifikalamt (...) in Ehrung des Papstes, der den vierten Jahrestag seiner Krönung begeht. Ich war offenen Herzens hingegangen, denn Johannes XXIII. ist ein Mensch, den die Vorsehung gesandt hat. Doch dann ging ich betrübt wieder nach Hause, so wie nach dem Pontifikalamt bei der Eröffnung. (...) Auf die nichtkatholischen Beobachter ist die Wirkung (...) äußerst negativ: ein Exzess an Pomp und keine gemeinschaftliche Liturgie. Es bedrückt mich sehr zu sehen, wie das Volk - einschließlich der von weither angereisten Pilger - draußen auf dem Petersplatz bleiben müssen: Es gehen die Bischöfe rein, und die Tore schließen sich.
(...) Die drei päpstlichen Wächter in schwerer Uniform - lächerlich, etwa, wenn sie sich beim Segen niederknien mit dem rechten Knie, während sie mit der linken Hand salutieren, weil sie mit der rechten die Lanze halten müssen. (...) Dann kommt der Papst auf seinem Thronsessel, von vier Männern auf den Schultern getragen, mit einer dreifachen Krone auf dem Kopf und einer perfekten Renaissance-Szenerie drumherum. Niemand sagte etwas, niemand sang (...).
Alles stand in krassem Gegensatz zu den Worten des Papstes, der vom "Diener der Diener" sprach, vom guten Hirten und von Bescheidenheit und Demut. Ich spüre da die Zwangsveranstaltung heraus, von der er sich noch nicht befreien kann. (...) Und ich träume von dem Tag, da der Stellvertreter Christi frei sein kann von allem Prunk und Gepränge, über das die Snobs und die Edlen sich freuen, was jedoch für die Kleinen und die Nichtglaubenden ein Ärgernis ist."