Er sieht aus wie ein riesiger Hinkelstein. Doch der 1939/1940 errichtete Spitzbunker in der saarländischen Kreisstadt Neunkirchen ist ein wuchtiger Zeitzeuge des Zweiten Weltkriegs.
Der mehrgeschossige, spitz zulaufende Kegel, der durch seine Form Bombendurchschläge verhindern sollte, wurde auf einem Eisenwerksgelände erbaut und bot bei Luftangriffen Platz für 400 Werksangehörige. Nur Deutsche durften bei Angriffen Schutz in ihm suchen. Lange hatte der denkmalgeschützte Luftschutzturm eher touristische Bedeutung.
In Zeiten des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und russischer Drohungen vor einer Ausweitung des Krieges sieht man den abweisenden Betonkegel mit anderen Augen. Grund genug, ihn beim bundesweiten Tag des Offenen Denkmals zu öffnen - als Zeitzeugen einer Vergangenheit voller Gewalt und Angst.
500 Denkmaltouren - zu Fuß, per Rad oder per Schiff
Wie in Neunkirchen öffnen rund 6.000 Denkmale in ganz Deutschland am Sonntag (8. September) wieder ihre Tore für die Besucher, wie die Deutsche Stiftung Denkmalschutz als Koordinatorin mitteilte. Allein in Hamburg können Interessierte zwischen 160 Denkmälern auswählen, genau so viele sind es in Köln, in Berlin sogar mehr als 300.
Bundesweit werden mehr als 500 Denkmaltouren - per Fahrrad, per Spaziergang oder Flussrundfahrt - angeboten. Auch online öffnen sich Türen und Portale zu vielen Denkmälern. Rund vier Millionen Menschen nutzen die Angebote Jahr für Jahr.
Die Aktionen reichen dabei von Schmiedevorführungen und historischen Mahl- und Backtechniken über Turmbesteigungen, Baustellenrundgänge bis hin zu kindgerechten Familienrallyes.
Schlösser - Kirchen - Industrieanlagen
Das Motto in diesem Jahr: "Wahr-Zeichen. Zeitzeugen der Geschichte". Nicht nur das Brandenburger Tor in Berlin, der Kölner Dom, das Schloss Neuschwanstein im bayerischen Füssen oder die Frauenkirche in Dresden sind prägende Wahrzeichen ihrer Stadt.
Auch Befestigungsanlagen, Schiffe oder Kirchen, Industrieanlagen, Schlösser oder Windmühlen, Wohnbauten, Gärten oder archäologische Ausgrabungen stiften Identität der Bürger zu ihrer Stadt oder ihrem Dorf.
Der "Tag des offenen Denkmals" will seit 1993 ein "Schaufenster des Denkmalschutzes" sein, das der Bevölkerung auf lockere Weise ein Bewusstsein für das kulturelle Erbe verschafft.
Deutschlands größtes Kulturevent soll bei Jung und Alt Verständnis dafür wecken, was Denkmale ausmacht und warum sie schützenswert sind. Eigentümern, Fördervereinen und Bürgerinitiativen soll der Tag eine Bühne bieten, um ihr Engagement öffentlich zu zeigen.
Zeugnisse der Geschichte
"Denkmäler sind nicht nur wegen ihres Wiedererkennungswertes Wahrzeichen", erklärt Matthias Hamann, Direktor des Kölnischen Stadtmuseums, das diesjährige Motto.
"Wenn sie als authentische Zeugnisse der Geschichte bewahrt werden, leisten sie auch einen wichtigen Beitrag zur Wahrheitsfindung in Zeiten, in denen gefälschte Botschaften und KI-generierte Bilder im Alltag eine immer größere Rolle spielen."
Denkmäler seien als "Zeichen der Zeit" unverfälschte Zeugnisse der Vergangenheit, betont auch Steffen Skudelny, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz.
"Ob Baustile, Bauweisen oder verwendete Materialien - jede Eigenschaft, die ein Denkmal mit sich bringt, entführt uns in eine bestimmte Zeit. Die Denkmäler dokumentieren oft den Stolz ihrer Erbauer auf neue Errungenschaften, Kenntnisse oder Veränderungen." In jedem Denkmal fänden sich Hinweise auf seine Bewohner, ihre Normen und ihr Gesellschaftssystem.
Eröffnung in Speyer
Eröffnet wird die bundesweite Aktion in Speyer. Die Stadt am Rhein beherbergt Überreste aus einer zweitausendjährigen Geschichte und besitzt mit dem Kaiserdom, der größten bestehenden romanischen Kirche der Welt, und dem Judenhof, dem kultischen Zentrum mit Männer- und Frauensynagoge sowie dem rituellen Kaltbad (Mikwe), zwei Unesco Welterbestätten.