"Jede Form von Antisemitismus ist immer auch gegen uns gerichtet." Latzel sprach im Eröffnungsgottesdienst einer dreitägigen Studientagung des Evangelischen Bundes zum Thema "Wie hältst du's mit dem Judentum?".
Christen müssten Zeugnis geben "von der Treue Gottes zu seinem Volk Israel, dessen bleibender Erwählung und von Gottes Heilswillen für ganz Israel und alle Menschen", sagte der 54-jährige Theologe laut Redetext. Er verwies auf die Schuldgeschichte der christlichen Kirchen, zu deren dunkelsten Kapiteln das Verhältnis zum Judentum gehöre.
Religiöse Selbstanmaßung und antijudaistische Züge der christlichen Theologie hätten zum Antisemitismus beigetragen: "Erst nach der Schoah und dem millionenfachen Mord an jüdischen Menschen begann allmählich eine Aufarbeitung dieser toxischen antijudaistischen Traditionen."
Vor diesem Hintergrund gelte es, "Anmaßung und Selbstüberhebung unseres Glaubens kritisch zu beleuchten", sagte Latzel.
"Keinen christlichen Glauben ohne die jüdischen Geschwister"
Es gehe um eine Haltung geistlicher Demut und Bescheidenheit. Jesus Christus stamme aus Israel und es gebe "keinen christlichen Glauben ohne die jüdischen Geschwister". Im Blick auf den aktuellen Nahost-Konflikt nannte Latzel als Aufgabe von Christen, "einzutreten für Frieden und Sicherheit von Israel und allen Menschen in Israel, im Gazastreifen, im Libanon".
Der Evangelische Bund ist einer der großen evangelischen Verbände und ein Arbeitswerk der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), das sich mit Fragen der Konfessionskunde und der Ökumene befasst. Er ist Träger des Konfessionskundlichen Instituts Bensheim, das die unterschiedlichen christlichen Denominationen und ökumenische Entwicklungen erforscht.