Eine theologische Betrachtung zu Erntedank

Nichts ist selbstverständlich

War der Boden gut bereitet, gab es ausreichend Regen und nährenden Dünger? An Erntedank zeigt sich, wie die Erntebilanz ausfällt. Zugleich lenkt das Erntedankfest den Blick auf die ganze Schöpfung Gottes und lädt zum Danksagen ein.

Autor/in:
Fabian Brand
Herbstliches Gemüse am Erntedankaltar / © Julia Steinbrecht (KNA)
Herbstliches Gemüse am Erntedankaltar / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Ob es ein gutes Jahr war, das zeigt sich für so manche Firma am Jahresende, wenn Bilanz gezogen wird. Wenn man Einnahmen und Ausgaben zusammenrechnet und sieht, was am Ende übrig bleibt, schlägt für viele Geschäftsleute die Stunde der Wahrheit. 

Bilanzen sind wichtig. Sie zeigen nicht nur an, ob sich das vergangene Jahr finanziell rentiert hat; sie offenbaren auch, wo es Nachholbedarf gibt, wo noch nachgearbeitet werden muss. Denn es gibt immer Möglichkeiten zur Verbesserung.

Für viele Gartenfreunde und Landwirte ist auch das Erntedankfest ein solcher Tag der Bilanz. Schließlich hat man sich fast ein ganzes Jahr um das Wachsen und Gedeihen der Ernte bemüht. Die Saat wurde ausgebracht, und man hat viele Stunden aufgewendet, damit die kleinen Pflänzchen ordentlich wachsen können. 

Und schließlich kommt die Ernte, das Einholen der reifen Früchte, bevor der Boden für das nächste Jahr bereitet wird. Ein immerwährender Kreislauf des Wachsens und der Ernte, der umso mehr einen Tag einfordert, an dem innegehalten und Bilanz gezogen wird.

Festwagen und Erntekronen

Erntedank – gerade in ländlichen Gebieten ist dieser Tag mit viel Freude verbunden. Mancherorts ziehen Erntedankfestzüge durch die Dörfer und Städte, die von reich beladenen Ernte-Wagen begleitet werden. In vielen Kirchen ist es üblich, den sogenannten Erntedankaltar aufzubauen: Eine Erntekrone oder viele Früchte von Feldern und aus den Gärten schmücken die Kirchen und verweisen damit auf die gute Schöpfung Gottes, die an diesem Tag gefeiert wird.

Erntedankaltar / © Julia Steinbrecht (KNA)
Erntedankaltar / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Erntedank markiert den Abschluss eines Zyklus von Wachsen und Ernte. Jetzt, in diesen ersten herbstlichen Tagen, kündigt sich leise der Winter an - und damit jene Jahreszeit, in der sich die Natur eine Pause gönnt. Das Erntedankfestes ist damit eine gute Gelegenheit, sich neben der Bilanz noch einmal bewusst auf dieses vergangene Jahr zu besinnen.

Einfach mal danke sagen

Wie fällt die Bilanz der Ernte in diesem Jahr aus? Nicht nur Landwirte und Hobbygärtner können auf diese Frage eine Antwort geben. Es ist letztlich eine Frage, die alle Menschen angeht, auch jene, die mit Gartenarbeit überhaupt nichts am Hut haben. 

Denn das Erntedankfest rückt nicht nur das in den Fokus, was jede und jeder Einzelne selbst geerntet hat. Sondern es lenkt den Blick auf die ganze Schöpfung Gottes. Alles, was der Mensch zum Leben braucht, ist ein Geschenk, ist eine Gabe dieser Schöpfung. Und es gibt viele Menschen, die sich darum sorgen, dass die Regale in den Supermärkten reich gefüllt sind.

Erntedank kann für alle Menschen ein Anlass sein, Dank zu sagen: Gott sei Dank, der uns immer wieder gedeihliches Wetter schenkt, der Wachsen und Reifen lässt. Dank aber auch den Menschen, die Nahrung produzieren, die dafür arbeiten, dass man hierzulande nicht vor leeren Regalen steht. 

Und Dank jenen Menschen, die in vielen unterschiedlichen Bereichen tätig sind und deren tägliches Anliegen es ist, dass auch jene Menschen etwas zu essen bekommen, denen es an allem mangelt.

Anlass für die persönliche Jahresbilanz

Erntedank kann ein Anlass ein, eine persönliche Bilanzliste anzulegen und sie in eine Soll- und eine Haben-Seite aufzuteilen. Wofür bin ich in diesem Jahr besonders dankbar? Womit bin ich beschenkt worden? Aber sich auch bewusst zu fragen: Was an Dank ist offengeblieben, wo bin ich meinen Mitmenschen einen Dank schuldiggeblieben?

Erntedank zeigt, dass nichts selbstverständlich ist. Vieles, was das Leben reich und schön macht, erhalten wir ganz unverdient. Und es ist wichtig, etwas zurückzugeben von dem, was man empfangen hat. 

Das Erntedankfest erinnert Jahr um Jahr daran, dass wir Beschenkte sind und Grund haben, Dank zu sagen. Dank an Gott in den Gottesdiensten und Liturgien. Aber auch Dank an unsere Mitmenschen – ganz konkret mit einem lieben Wort, einer anerkennenden Geste, einem Danke.

Erntedank

Mit dem Erntedankfest danken Kirchen und Landwirte für die eingebrachte Ernte. Christen erinnern seit dem dritten Jahrhundert mit einem eigenen Festtag daran, dass Gott der Schöpfer der Welt ist. Sie verweisen auch auf das "Vater unser", in dem es heißt: "Unser tägliches Brot gib uns heute".

Ein Mann in Indien bei der Weizenernte / © Xinhua (dpa)
Ein Mann in Indien bei der Weizenernte / © Xinhua ( dpa )
Quelle:
KNA