Lateinamerikas Kirche hat ein schwieriges Verhältnis zum Bergbau

Klimaschutz gegen Wirtschaftswachstum

Lithium gilt als einer der Schlüssel zur Mobilitätswende weg von den fossilen Brennstoffen. Doch der Abbau des Rohstoffes ist wasserintensiv und deswegen umstritten. Auch bei der katholischen Kirche in Lateinamerika.

Autor/in:
Tobias Käufer
Lithium-Abbau in der Atacama-Wüste in Chile / © Lucas Aguayo Araos (dpa)
Lithium-Abbau in der Atacama-Wüste in Chile / © Lucas Aguayo Araos ( dpa )

Die Meldung schaffte es sogar ins argentinische Fachportal "Bergbau und Entwicklung": Auf einem Treffen der katholischen Bischöfe gäbe es eine starke Ablehnung des Bergbaus, ist dort zu lesen. Gemeint ist eine Konferenz in Panama auf der sich lateinamerikanische Bischöfe mit den Auswirkungen des Bergbaus auf die Natur und die Gesellschaft beschäftigen. 

Die Frage ist heikel, denn einerseits streben die lateinamerikanischen Länder zwecks Armutsbekämpfung nach Wachstum, andererseits ist der Bergbau - insbesondere der unkontrollierte Bergbau - ein großes Problem für Umwelt und Klima.

Interessenskonflikt

In Venezuela leiden besonders die indigenen Völker unter einem komplett außer Kontrolle geratenen Bergbau wie in diesen Tagen die Interamerikanische Menschenrechtskommission CIDH berichtet. Betroffen sind unter anderem die Yanomami im sogenannten "Arco Minero del Orinoco" aus dem schwerste Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung berichtet werden. 

E-Auto beim "Tanken" / © guteksk7 (shutterstock)

Nicht nur im brasilianischen Amazonas ist der Goldbergbau ein Riesenproblem für Natur und Mensch, in El Salvador plant die Regierung ein gerade erst - auch mit Hilfe der Kirche - durchgesetztes Verbot des Bergbaus wieder aufzuheben. Des Wirtschaftswachstums zu Liebe.

Das Lithium-Dreieck

Ein ganz besonderer Fall ist die Förderung von Lithium. Lithiumkarbonat wird unter anderem zum Bau von Akkus in E-Autos gebraucht, aber auch für Smartphones oder Notebooks. Deswegen ist der Rohstoff für die Energiewende unverzichtbar. Sollen Autos und Lkw künftig nicht mehr als Verbrenner über die Straßen rollen, sondern als emissionsfreie E-Autos ist - nach heutigem Stand der Wissenschaft - Lithium erst einmal unverzichtbar. Besonders viel von diesem Rohstoff gibt es sogenannten Lithium-Dreieck Argentinien, Bolivien, Chile.

Nun hat sich auch Papst Franziskus in die Diskussion eingeschaltet und eine Debatte unter den katholischen Bischöfen entfacht. Während die Umweltgefährdung durch Öl, Gas, Kohle oder Goldbergbau als unbestritten gilt, gerät nun auch der "Treibstoff" für die E-Mobilitätswende ins Visier: Beim wasserintensiven Lithium-Abbau wachsen die Zweifel an der Umweltverträglichkeit. Lateinamerika wird gerade in einigen Regionen von einer großen Dürre heimgesucht, da ist die Sorge groß, dass die wasserintensive Förderung von Lithium die Lage noch verschlimmern könnte.

Zerstörung stoppen 

"Ich möchte im Namen Gottes die großen Rohstoffkonzerne - Bergbau, Erdöl, Forstwirtschaft, Immobilien, Agrarindustrie - bitten, mit der Zerstörung von Wäldern, Feuchtgebieten und Bergen aufzuhören, mit der Verschmutzung von Flüssen und Meeren, mit der Vergiftung von Menschen und Nahrungsmitteln", wird Papst Franziskus in argentinischen Medien zitiert. Den Lithium-Abbau in seinem Heimatland Argentinien sieht Franziskus kritisch, warnt vor kolonialistischer Ausbeutung.

Papst Franziskus und Javier Milei / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus und Javier Milei / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Dem gegenüber steht der Versuch des libertären Präsidenten Javier Milei, das krisengeschüttelte und hoch verschuldete Land mit Hilfe von Deregulierung und Wirtschaftswachstum aus der Armut zu führen. Geradezu euphorisch reagieren Analysten auf die Entwicklung in der Energiehandelsbilanz: In diesem Jahr soll erstmals ein Überschuss von vier Milliarden Dollar erwirtschaftet werden, mittelfristig sogar 30 Milliarden US-Dollar.

Ausbeutung natürlicher Ressourcen

Möglich macht das unter anderem eine verbesserte Pipeline-Infrastruktur, die Argentinien von Importen unabhängig macht. Treffen die Prognosen ein, wäre das ein Game-Changer für die argentinische Handelsbilanz. Nun soll auch noch die Lithium-Förderung angekurbelt werden. Die liegt allerdings aufgrund der Rechtslage eher in den Händen der Provinzregierungen, die sich - weder von der Kirche noch von der Regierung in Buenos Aires - gerne hereinreden lassen wollen.

Lithium-Abbau in der Atacama-Wüste in Chile / © Lucas Aguayo Araos (dpa)
Lithium-Abbau in der Atacama-Wüste in Chile / © Lucas Aguayo Araos ( dpa )

Das wollen die Bischöfe allerdings gar nicht. Ihnen geht es darum "die Probleme anzusprechen, die sich aus der Ausbeutung natürlicher Ressourcen ergeben, sowie die betroffenen Gemeinden zu sensibilisieren und zu unterstützen". Das Misstrauen ist berechtigt, denn bislang waren es in Lateinamerika vor allem die indigenen Völker und die meist arme Landbevölkerung, die von ihren rohstoffreichen Territorien vertrieben wurden und so den höchsten Preis für ein "Abbauendes (extractive) Wirtschaftsmodell" zu zahlen hatten.

Die Geschäfte haben meist internationale Investoren und Konzerne gemacht. Die Kirche will nun nach tragfähigen Alternativen suchen, die es ermöglichen, "die Natur und damit das Leben der Menschen zu schützen", ohne weiterhin von einem Wirtschaftsmodell abhängig zu sein, das nur ausbeutet.

Quelle:
KNA