Papst Benedikt zu seinem Besuch in Bayern

Westen erlebt die "Welle einer drastischen Aufklärung"

Während des großen Fernsehinterviews am 14.08.2006  fragten die Journalisten Papst Benedikt XVI. auch nach der bevorstehenden Deutschlandreise. Lesen Sie hier die Passage aus dem Interview:Frage: Als Papst sind Sie ja zuständig für die gesamte Kirche in der ganzen Welt.

 (DR)

Während des großen Fernsehinterviews am 14.08.2006  fragten die Journalisten Papst Benedikt XVI. auch nach der bevorstehenden Deutschlandreise. Lesen Sie hier die Passage aus dem Interview:

Frage: Als Papst sind Sie ja zuständig für die gesamte Kirche in der ganzen Welt. Aber ihr Besuch in Deutschland lenkt natürlich auch den Blick auf die Situation der Katholiken in Deutschland. Alle Beobachter sind sich einig: die Stimmung ist gut, nicht zuletzt durch ihre Wahl. Aber die alten Probleme, die sind natürlich geblieben, zum Beispiel nur einige Schlagworte: Immer weniger Kirchgänger, immer weniger Taufen, überhaupt immer weniger Einfluss auf das gesellschaftliche Leben. Wie sieht ihre Beschreibung der aktuellen Lage der katholischen Kirche in Deutschland aus?

Benedikt XVI: Nun, ich würde zunächst sagen, Deutschland gehört zum Westen, wenn auch mit seiner ganz spezifischen Färbung und Tönung. Und in der Welt des Westens erleben wir ja heute eine neue Welle einer drastischen Aufklärung oder Laizität, wie immer Sie das nennen wollen. Glaube ist schwierig geworden, weil die Welt, die wir antreffen, ganz von uns selber gemacht ist und sozusagen Gott in ihr nicht mehr direkt vorkommt. Ihr trinkt nicht aus der Quelle, sondern aus dem, was uns schon abgefüllt entgegen kommt. Die Menschen haben die Welt sich selber rekonstruiert, und ihn dahinter noch zu finden, ist schwierig geworden. Das ist also nicht spezifisch für Deutschland, sondern etwas, was sich in der ganzen Welt, vor allen Dingen in der westlichen Welt zeigt. Andererseits wird der Westen jetzt stark berührt von anderen Kulturen, in denen das originär Religiöse sehr stark ist, die auch erschrecken über die Kälte Gott gegenüber, die sie im Westen vorfinden. Und diese Präsenz des Heiligen in anderen Kulturen, wenn auch in vielfältigen Verschattungen, rührt dann auch wieder an die westliche Welt, rührt uns an, die wir im Kreuzungspunkt so vieler Kulturen stehen. Und auch aus dem Eigenen des Menschen im Westen und in Deutschland steigt immer wieder die Frage nach etwas Größerem auf. Wir sehen das in der Jugend, bei der doch ein Suchen nach Mehr da ist, dass irgendwo das Phänomen Religion, wie man sagt, wiederkehrt, auch wenn die Suchbewegung oft eher unbestimmt sind. Aber die Kirche ist damit wieder da, der Glaube bietet sich als Antwort an. Und ich denke, dass eben gerade dieser Besuch, wie schon vorher Köln, eine Gelegenheit ist, dass man sieht, dass es schön ist zu glauben; dass die Freude einer großen, universalen Gemeinschaft etwas Tragendes hat, dass dahinter etwas steht und dass so mit neuen Suchbewegungen auch neue Aufbrüche zum Glauben da sind, die uns zueinander führen und die dann auch der Gesellschaft im ganzen dienen.