Gesundheitsreform kommt später

"Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit"

Der Start der Gesundheitsreform wird um drei Monate verschoben. Das gaben die Fraktionsvorsitzenden von Union und SPD im Bundestag, Volker Kauder und Peter Struck, nach einer Sitzung der Koalitionsspitzen am späten Mittwochabend in Berlin bekannt. Kauder sagte, das Gesetz werde am 1. April 2007 in Kraft treten, der Gesundheitsfonds wie geplant "mit Wirkung 2008".

 (DR)

Der Start der Gesundheitsreform wird um drei Monate verschoben. Das gaben die Fraktionsvorsitzenden von Union und SPD im Bundestag, Volker Kauder und Peter Struck, nach einer Sitzung der Koalitionsspitzen am späten Mittwochabend in Berlin bekannt. Kauder sagte, das Gesetz werde am 1. April 2007 in Kraft treten, der Gesundheitsfonds wie geplant "mit Wirkung 2008". Der Gesetzentwurf soll im Oktober statt wie bisher geplant Mitte September vom Kabinett verabschiedet werden. Audioinformation

Damit sei mehr Zeit für Beratung, was richtig und verkraftbar sei, sagte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) am Donnerstag im Bundestag. Opposition und Verbände reagierten mit scharfer Kritik. Schmidt betonte, die Gegner der Reform sollten den neuen Starttermin nicht als Zeichen begreifen, das die sie nicht komme.

Den umstrittenen Gesundheitsfonds verteidigte Schmidt als ein unbürokratisches Finanzierungsverfahren. Es entstehe keine neue Behörde. Die Reform habe zum Ziel, dass künftige Generationen medizinisch genauso gut versorgt werden wie die bisherigen und allen Bürgern Versicherungsschutz zu gewähren.

Dieser Ansicht schloss sich der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Wolfgang Zöller, an. Erstmals sei eine Gesundheitsreform nicht mit Kürzungen bei der Versorgung verbunden. Zudem würden die Möglichkeiten für eine Versorgung aus einer Hand verbessert.

Kritik der Opposition
FDP, Linksfraktion und Grüne forderten eine Generalrevision der Gesundheitsreform. Die Kanzlerin habe die Notbremse gezogen, erklärte der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Daniel Bahr. Die bisherigen Pläne müssten eingestampft werden, um einen neuen Anlauf nehmen zu können. Frank Spieth, gesundheitspolitischer Sprecher der Linksfraktion, sagte, die Koalition stehe vor einem Scherbenhaufen.
Auf der Grundlage ihrer Eckpunkte lasse sich kein logisches Gesetzespaket schnüren. Der Vorsitzende der Grünen, Reinhard Bütikofer, nannte die Verschiebung ein Zeichen der Feigheit. Die Koalition wolle sich ihr Scheitern nicht eingestehen.

Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, sprach von einem Zeichen der Schwäche. Offen bleibe derzeit, ob sich aus der Verschiebung Chancen für eine Überarbeitung der Eckpunkte ergäben. Die Regierung werde einer sozialen Politik nicht gerecht, kritisierte Sommer und kündigte eine Kampagne der Gewerkschaften für den Herbst an.

Der Präsident des Sozialverbandes Deutschland, Adolf Bauer sagte, der Fonds sei unsinnig, unsozial und überflüssig. Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund begrüßte hingegen die Verschiebung als «erste richtige Entscheidung» und forderte die Bundesregierung auf, einen Neuanfang zu machen. Die bisherigen Pläne hätten die Arbeitsbedingungen von Ärzten in Kliniken und Praxen verschlechtert, sagte der Vorsitzende Frank Ulrich Montgomery. Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft forderte eine Abkehr vom jetzigen Gesetzentwurf.

Union und SPD haben in ihren Eckpunkten zur Gesundheitsreform vereinbart, dass Versichertenbeiträge und Bundeszuschüsse aus Steuern künftig in einem Gesundheitsfonds für alle gesetzlichen Krankenkassen gesammelt werden. Die Kassen sollen aus dem Fonds für jeden Versicherten eine Pauschale erhalten. (epd)