Koalition gerät durch Streit um Gesundheitsreform in die Krise

Sand im Getriebe

Das Zerwürfnis innerhalb der Regierungspartner in Sachen Gesundheitsreform bedroht mehr und mehr die gesamte Koalition. Bundeskanzlerin Merkel hat nun versucht, die Wogen im andauernden Gesundheitsstreit zu glätten. Die Kanzlerin einigte sich mit Ministerin Ulla Schmidt, dass die Fachleute möglichst rasch die Sachfragen klären.

 (DR)

Das Zerwürfnis innerhalb der Regierungspartner in Sachen Gesundheitsreform bedroht mehr und mehr die gesamte Koalition. Bundeskanzlerin Merkel hat nun versucht, die Wogen im andauernden Gesundheitsstreit zu glätten. Die Kanzlerin einigte sich mit Ministerin Ulla Schmidt, dass die Fachleute möglichst rasch die Sachfragen klären. Spekulationen über die mögliche Entlassung der Ministerin ließ Merkel dementieren. Vor allem aus der CSU kamen erneut heftige Angriffe gegen Schmidt und die SPD. So warf CSU-Chef Stoiber Schmidt vor, das Vertrauen in der großen Koalition zu belasten. Robin Mishra vom Rheinischen Merkur im domradio-Interview über Sand im Getriebe der Koalition.

Eine Expertengruppe von Union und SPD unternimmt heute einen neuen Versuch, die offenen Fragen der Gesundheitsreform zu klären. Hauptstreitpunkte sind ein neuer Finanzausgleich zwischen den Krankenkassen sowie der sog. Gesundheitsfonds. Die SPD will weiterhin keine der von einigen Unions-Länderchefs geforderten an den vereinbarten Eckpunkten mehr akzeptieren.

Scholz: Nur wenige Teile der Gesundheitsreform zustimmungspflichtig
SPD-Fraktionsgeschäftsführer Olaf Scholz räumt den Ländern kaum Chancen für eine Blockade der Gesundheitsreform ein. Nach der Föderalismusreform seien "nur wenige Teile" des Reformwerks
vom Bundesrat zustimmungspflichtig, sagte Scholz am Donnerstag in Berlin. Der größte Teil sei Gegenstand der Gesetzgebung des Bundes. Der SPD-Politiker fügte sogar hinzu: "Im Augenblick spricht alles dafür, dass überhaupt nichts zustimmungspflichtig ist."

Scholz betonte, er habe keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) von den beschlossenen Eckpunkten der Gesundheitsreform "entfernen" wolle. Der Koalitionskompromiss sei gut und es gebe keinen Anlass davon abzurücken. Scholz räumte ein, dass es in der Koalition derzeit "keine gute Kommunikation" über die Reform gebe. Deshalb müsse nun anhand bereits vorliegender Texte zügig das Gesetzgebungsverfahren beginnen, "damit man sich auf etwas fest beziehen kann".

Bürger und Ärzte gegen Reform
Laut einer emnid-Umfrage stößt der geplante Gesundheitsfonds bei 28 Prozent der Deutschen auf Ablehnung. Nur 13 Prozent sind dafür. 59 Prozent gaben an, überhaupt nicht zu wissen, worum es bei dem Modell gehe.

Ärzte aus ganz Deutschland wollen am Freitag in Berlin gegen die Gesundheitsreform protestieren. Zu dem Protesttag haben zahlreiche Verbände aufgerufen, darunter der Marburger Bund. Erwartet werden mehrere Tausend Mediziner. An dem Tag sollen in der Hauptstadt zahlreiche Praxen geschlossen bleiben. Die Ärzte fordern den Erhalt der wohnortnahen haus- und fachärztlichen Versorgung, die Abschaffung der Honorarbudgets sowie eine bundesweit einheitliche Vergütung ärztlicher Leistungen.
(ddp)