Koalition weiter uneins über Ausgestaltung

Deutscher Ethikrat wird Nationaler Ethikrat - bloß wie?

Zwei Tage vor der ersten Beratung im Bundestag über die Einrichtung eines Deutschen Ethikrates sind sich Union und SPD weiterhin uneins über die Gestaltung des neuen Gremiums. Die SPD halte mehrere Änderungen am vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung für notwendig, sagte der forschungspolitische Sprecher Jörg Tauss.

 (DR)

Die schwarz-rote Koalition streitet offen über die Neugründung des Nationalen Ethikrats. Die Vorsitzende des Bundestags-Forschungsausschusses, Ulla Burchardt (SPD), kündigte am Dienstag an, dass der Bundestag den Gesetzentwurf der Regierung für einen Deutschen Ethikrat auf jeden Fall ändern werde. Die Vorlage aus dem Forschungsministerium sei "handwerklich etwas schwierig", ja zum Teil mangelhaft. Zuvor hatte der Geschäftsführer der Unionsfraktion, Norbert Röttgen (CDU), kritische Äußerungen aus der SPD als "vereinzelte Stimmen" abgetan.

Kritik von Grünen und Linkspartei
Am Donnerstag kommt der Gesetzentwurf der Regierung zur Ersten Lesung in den Bundestag. Schon im Vorfeld hatte es internen Streit gegeben. So sorgte offensichtlich der Druck der SPD dafür, dass das Thema nicht spätabends und nur vor wenigen Abgeordneten und kleiner Öffentlichkeit, sondern zur so genannten Kernzeit im Parlament behandelt wird. An dem von Forschungsministerin Annette Schavan vorgelegten Gesetzentwurf gibt es Kritik von Grünen und Linkspartei. In der SPD-Fraktion erwägen bislang gut 70 Abgeordnete, gegen den Vorschlag zu votieren. Kritik äußerten unter anderen die SPD-Politiker Wolfgang Thierse, Rene Röspel und Wolfgang Wodarg. Die Unions-Fraktionsspitze drängt aber nach dem Gerangel um die Gesundheitsreform auf eine geschlossene Linie der Koalition.

"Naivität" vorgeworfen
Burchardt stellte der SPD-Fraktion am Dienstagnachmittag Überlegungen aus der Forschungs-Arbeitsgruppe der Sozialdemokraten vor, die in die weiteren Gespräche einfließen sollen. Sie sehe erheblichen fachlichen und inhaltlichen
Klärungs- und Handlungsbedarf. Die SPD wolle auf jeden Fall eine stärkere Beteiligung des Parlaments. So müsse zumindest ein parlamentarischer Beirat eingerichtet werden, der Berichterstattung beantragen könne und Initiativrecht habe.

Burchardt zeigte sich irritiert darüber, "welche Naivität" zum Teil bei der Ausarbeitung des Gesetzentwurfs geherrscht habe. So blieben für die SPD die Finanzierung des Ethikrats, seine Organisation und Anbindung an das Parlament unklar. Es gebe den Verdacht, dass der Haushalt des Forschungsministeriums auf Kosten des Parlaments entlastet werden solle. "Falls der Bundestag zu hundert Prozent bezahlt, dann bestimmt er auch zu hundert Prozent", meinte sie. Ferner bemängelte die Forschungspolitikerin, das Gremium solle zwar beim Bundestag angesiedelt werden, der fachliche Vorsitz aber bei einem Externen liegen. Burchardt sagte, sie sei überrascht, dass ein Gesetzentwurf der Regierung nun schon wie ein Gesetz behandelt werden solle.

Zuvor hatte Röttgen SPD-Kritik am künftigen Deutschen Ethikrat zurückgewiesen. Der Union gehe es um unabhängigen Sachverstand.
Deshalb sei es sinnvoll, dass Parlamentarier sich nicht in das Gremium wählen lassen könnten. Weiter betonte Röttgen, der künftige Ethikrat solle ein Beratungsgremium des Bundestages und nicht mehr der Bundesregierung sein. Das Parlament brauche als Gesetzgeber Beratung.

Kritik auch von Verbänden
Derweil dauerte auch die Kritik von Verbänden am Regierungsentwurf für den Ethikrat an. Die Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung bemängelte, dass das Gremium in der Regel nicht öffentlich tagen solle.

Mitglied höchstens acht Jahre
Nach dem Gesetzentwurf von Schavan soll zum 1. Juli 2007 der Deutsche Ethikrat den bisherigen Nationalen Ethikrat ablösen. Die 24 Mitglieder des neuen Beratungsgremiums sollen je zur Hälfte von der Bundesregierung und vom Bundestag vorgeschlagen werden. Der Deutsche Ethikrat soll unabhängig arbeiten und sich gleichermaßen seine Themen selbst setzen wie Aufträge von Parlament und Regierung entgegennehmen. Mitglieder des Bundestags, von Landesparlamenten oder der Regierung dürfen dem Deutschen Ethikrat nicht angehören. Die Mitglieder sollen auf vier Jahre berufen werden, mit der Möglichkeit der einmaligen Verlängerung um vier Jahre.

Dem bislang bestehenden Nationalen Ethikrat gehören 25 Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen, Politiker, Gewerkschafter und Kirchenvertreter an. Er war 2001 von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) berufen worden. Daneben gab es in den vergangenen zwei Legislaturperioden im Bundestag eine Enquetekommission zu Recht und Ethik in der modernen Medizin.