Bund und Länder wollen sich bis Ende der Woche auf Bleiberechtsregelung einigen

Wie großzügig soll Deutschland sein

 (DR)

Nach jahrelangem Tauziehen wollen sich die Minister von Bund und Ländern auf ein Bleiberecht einigen, das zumindest einem Teil der bislang nur Geduldeten einen gesicherten Aufenthaltsstatus geben würde.

So unumstritten die Notwendigkeit einer humanitären Lösung der so genannten Altfälle ist, so sehr gehen die Meinungen darüber auseinander, wie großzügig der staatliche Gnadenakt ausfallen darf.
Kirchen und Menschenrechtsorganisationen warnen im Vorfeld vor zu engen Regelungen. Die Bleiberechtsbedingungen müssten von den Betroffenen erfüllbar sein. Wenn am Ende bestenfalls 30.000 der 190.000 Geduldeten von der Regelung profitieren sollten, sei diese nur Etikettenschwindel, erklärten Pro Asyl und amnesty international.

Es geht um das Schicksal von Zuwanderern, die zumeist schon mehrere Jahre in Deutschland leben, viele von ihnen mit Familie und Kindern. Ihr Asylantrag ist gescheitert, eigentlich müssten sie ausreisen.

Erzwungen werden kann dies jedoch nicht. Entweder besteht im Heimatland Gefahr für Leib und Leben oder die Flüchtlinge retten sich durch unauffindbare Ausweispapiere vor der unfreiwilligen Rückführung. Manchmal fehlt auch schlicht eine direkte Flugverbindung ins Herkunftsland.

Also setzen die Behörden die Abschiebung befristet aus. Die Zuwanderer werden Geduldete auf Zeit. Gleichzeitig geschieht - gewollt oder nicht - Integration. Die Kinder gehen in deutsche Kindergärten und Schulen, die Eltern finden Freunde. Die Verbindungen zur alten Heimat reißen ab.

Die politische Lösung, die sich im Vorfeld der Innenministerkonferenz abzeichnet, sorgt bei Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen für Misstrauen. Nur wer sich mindestens acht Jahre in Deutschland aufhält, seinen Lebensunterhalt selbst verdient, ausreichend deutsch spricht und nicht straffällig wurde, soll bleiben dürfen. Gibt es minderjährige Kinder in der Familie, verkürzt sich die Frist auf sechs Jahre. Geduldete, die diese Bedingungen nicht erfüllen, sollen beschleunigt abgeschoben werden.

Menschlichkeit nicht vergessen
Dass jemand Arbeit haben muss, bevor er bleiben darf, halten Kritiker für weltfremd. Denn welcher Arbeitgeber stellt ausgerechnet Geduldete ein, wenn es genügend andere Bewerber gibt? Kritiker mahnen zudem, vor lauter Rechtstreue nicht die Menschlichkeit zu vergessen: Warum sollte jemandem das Bleiberecht nur deshalb verweigert werden, weil er aus Angst vor Abschiebung falsche Angaben über seine Herkunft gemacht hat? Was würde bei einer Abschiebung aus seinen bestens integrierten Kindern?

Es habe keinen Sinn, Menschen aufzunehmen, die nur den Sozialkassen zur Last fallen, sagt Hessens Innenminister Volker Bouffier (CDU).
Deutlich unter 50.000 Begünstigte werde es geben, prophezeit sein bayerischer CSU-Kollege Günther Beckstein. Die SPD-Innenminister wollen großzügiger sein, sehen aber auch die generelle Überlastung des Arbeitsmarktes. Die Innenministerkonferenz birgt genügend Zündstoff.