Benedikt XVI.: Terror muss von internationalen Institutionen bekämpft werden

Verzicht auf Gewalt im Namen der Religion

Papst Benedikt XVI. hat die Türkei an die in ihrer Verfassung garantierte Religions- und Gewissensfreiheit erinnert. Vor dem diplomatischen Korps in Ankara sagte das katholische Kirchenoberhaupt am Dienstagabend, die politischen Autoritäten jedes demokratischen Landes hätten die Aufgabe, allen Menschen die tatsächliche Glaubensfreiheit zu garantieren und ihnen die freie Religionsausübung zu gewährleisten. Das bedeute natürlich auch, dass die Religionen ihrerseits nicht nach direkter politischer Macht strebten und vor allem absolut darauf verzichten sollten, "Gewaltwandwendung als legitimen Ausdruck der Religion zu rechtfertigen", betonte der Papst. Hören Sie hier die Rede in deutscher Übersetzung von Radio Vatikan.

 (DR)


Er sei "als Freund und als Apostel des Dialogs und des Friedens" in die Türkei gekommen, sagte der Papst am Dienstagabend vor dem Diplomatischen Corps in Ankara. Die Kirche suche die Zusammenarbeit mit Anhängern und Führern aller Religionen und vor allem mit den Muslimen, um gemeinsam Frieden und Freiheit, soziale Gerechtigkeit und moralische Werte zu fördern. Er hoffe, dass seine Reise in die Türkei dafür "reiche Früchte trägt".

Der Vize-Dekan des Diplomatischen Corps, der libanesische Botschafter Georges Siam, sagte zur Begrüßung in der Apostolischen Nuntiatur, der Besuch des Papstes hätte zu keiner günstigeren Zeit erfolgen können. Die Türkei stehe seit Jahrhunderten für eine Koexistenz von Menschen unterschiedlicher Ethnien, Religionen und Kulturen. Auch jetzt sei die Regierung aktiv bemüht, "den immer breiteren Graben zwischen Ost und West, Christentum und Islam zu überbrücken".

Freiheit für Religionsgemeinschaften
Auch Benedikt XVI. nannte die Türkei in seiner Rede eine Brücke zwischen Asien und Europa und eine Kreuzung der Kulturen und Religionen. Der heutige Staat müsse dem Umstand Rechnung tragen, dass die Bevölkerungsmehrheit muslimisch sei. Dennoch erkenne die Verfassung das Recht auf Kult- und Gewissensfreiheit an. Jede demokratische Regierung müsse diese Freiheiten wirksam garantieren und den Religionsgemeinschaften gestatten, ihr Leben frei zu organisieren, so der Papst.

Die "aktive Präsenz von Religionen in der Gesellschaft" nannte Benedikt XVI. "eine Quelle des Fortschritts und der Bereicherung für alle". Das setze voraus, dass die Religionen keine direkte politische Machtausübung suchten. Auch müssten sie Gewalt als Ausdrucksmittel entschieden zurückweisen. Ausdrücklich lobte der Papst den Einsatz der katholischen Gemeinde in der Türkei. Sie sei klein an Zahl, trage aber besonders mit Bildungs- und Friedensarbeit zur Entwicklung des Landes bei.

Gegenseitigen Respekt fördern
Der Papst unterstrich erneut seine "große Wertschätzung für Muslime" und ermutigte zum gemeinsamen Einsatz mit anderen Gläubigen. Die Welt müsse erkennen, dass alle Menschen durch eine tiefe Solidarität miteinander verbunden seien. Benedikt XVI. betonte, die katholische Kirche wolle ihre Kooperation mit der orthodoxen Kirche erneuern. Und er hoffe, dass sein bevorstehendes Treffen mit Patriarch Bartholomaios I. diesem Ziel "konkret dient" Die beiden Kirchenoberhäupter treffen am Mittwochabend in Istanbul zusammen.

Passsagen der Ansprache
"Ich bin als Freund gekommen und als Apostel des Dialogs und des Friedens", so ein wach und gelassen wirkender Papst Benedikt zu den internationalen Diplomaten. Immer schon habe die Türkei als Brücke zwischen Ost und West fungiert, als Kreuzungspunkt für Kulturen und Religionen. Auch lobte der Papst ausdrücklich die türkische Verfassung, die das Recht jedes Bürgers auf Religions- und Gewissensfreiheit festschreibe. Damit allerdings legte Benedikt den Finger auf einen wunden Punkt. Denn: "Die zivilen Autoritäten jedes demokratischen Landes stehen in der Pflicht, die tatsächl9iche Freiheit aller Gläubigen zu garantieren." Eine aktive Anwesenheit von Religion und Gesellschaft sei eine Quelle des Fortschritts für alle. Allerdings nur dann, fügte der Papst hinzu, wenn die Glaubensführer es rundweg ablehnen, Gewalt als legitimen Ausdruck von Religion zu dulden. Am Ende betonte der Papst seinen Willen, die Zusammenarbeit mit der orthodoxen Kirche und mit der muslimischen Welt zu verstärken.