Gerhard Ludwig Müller, Bischof von Regensburg

Bischöfe zum Advent: 6. Dezember

Wir stehen ja jetzt in der Zeit hin zum Advent, Advent bedeutet ja die Feier der Ankunft Jesu Christi, bei seiner Geburt im Stall von Bethlehem, wo er in die Krippe gelegt wird und von uns als der Sohn Gottes anerkannt wird, der unser Menschsein angenommen hat.

 (DR)

Sicher, bei Advent und Weihnachten denken viele jetzt an romantische Gefühle und Stimmungen und schöne Hintergrundmusik; man steigt etwas aus, aus dem Alltag und träumt vielleicht von einer etwas besseren Welt. Aber das Weihnachtsereignis und das Adventsgeschehen haben etwas mit der Realität des Menschen zu tun, so wie er tatsächlich unter den manchmal auch ganz schlimmen Bedingungen dieser Welt sein Leben führen und erleiden muss.

Ich denke jetzt nur an diesen unglücklichen jungen Mann, der vor einiger Zeit im Gefängnis in Siegburg von seinen drei Mithäftlingen fürchterlich gedemütigt, entwürdigt, gefoltert und ermordet worden, zum Selbstmord gezwungen worden ist. Ich habe auch seine Lebensgeschichte kurz gelesen: Ein armes Kind, das von seinen Eltern immer wieder herumgestoßen worden ist oder auch dann von einem Heim zum anderen geschickt worden ist, eigentlich nie richtig Liebe und Zuwendung erfahren hat, so wie es eigentlich jedem Menschen aufgrund seiner Würde von Kindheit an zusteht. Auch das müssen wir in dieses Weihnachtsereignis einbeziehen.

Wir sehen ja eben, dass Jesus nicht in einem Thronsaal geboren wird, sondern in einem Stall in eine Krippe gelegen wird. Das ist schon ein Hinweis auf die Verachtung, die ihm entgegengeschlagen ist, am Ende auch dann die Verleugnung, der Verrat und die Hinrichtung am Kreuz. So dass auch das Ereignis von Weihnachten das mit einbezieht, dass wir uns auf das ganze Leben auch mit all seinen Schattenseiten beziehen müssen, dass wir aber auch gerade von Christus her wissen, dass er alles und jeden angenommen hat und dass kein Mensch von ihm verloren gegeben wird, sondern, dass wir durch den Sohn Gottes, der in Bethlehem geboren worden ist, alle das ewige Leben, die Überwindung all unserer Leiden und Schmerzen erwarten dürfen. Und dass wir so auch innerlich gut gestimmt sein können, denn wir wissen, dass Gott denen, die ihn lieben, alles zum Besten gereichen lässt.

Ich wünsche ihnen eine gesegnete, besinnliche, innerlich aufbauende, schöne Adventszeit.