Greenpeace-Proteste vor dem Patentamt in München

Immer mehr Patente auf Menschen und Tiere

Sie berechtigt zu großen Träumen und liefert gleichzeitig den Stoff für die schlimmsten Albträume: Die moderne Gentechnologie hat das Zeug, die Welt grundlegend zu verändern. Auf Teufel komm raus wird in den Laboren geforscht, und damit sich der Aufwand auch lohnt, schützen die Wissenschaftler ihre Ergebnisse und Erkenntnisse durch Patente. Dass dabei auch Bestandteile der Natur als Patente reklamiert werden und nicht einmal mehr der Mensch heilig ist, ist Greenpeace ein Dorn im Auge.
Die Große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts (EPA) in München entscheidet am Dienstag über ein Patent zur Verwertung menschlicher Embryonen.

 (DR)

Greenpeace hatte gegen den Erlass Einspruch eingelegt und dieser wird nun verhandelt. 15 Mal hat Greenpeace Einspruch gegen solche Patente eingelegt und nach eingenen Aussagen meist Erfolg gehabt.

Ähnliches Patent in Teilen widerrufen
Bei dem jetzt verhandelten Fall handelt es sich um ein Patent (EP 1121015) von zwei Forscherinnen, die mit dem schwedischen Biotechnologieunternehmen Vitrolife kooperieren. Es umfasst ein Verfahren zum Tiefkühlen menschlicher Embryonen und Keimzellen für die künstliche Befruchtung oder Stammzellforschung. Dabei wurden laut Greenpeace die Embryonen und Keimzellen selbst mitpatentiert. Ein ähnliches Patent des Stammzellforschers Oliver Brüstle zur kommerziellen Verwertung von Embryonen war erst am 5. Dezember vom Bundespatentgericht in wesentlichen Teilen widerrufen worden.

Patenamt als Industriebehörde
In den Jahren 2005 und 2006 wurden nach Berechnungen der Umweltorganisation rund 470 Patente auf menschliche Gene und 117 Patente auf Tiere vergeben. Dabei würden immer wieder gesetzliche Grenzen ignoriert, sagte der Patentexperte der Organisation, Christoph Then, am Montag in München bei der Vorstellung einer Dokumentation zum Thema. Es würden zudem Patente erteilt, die zwar rechtlich zulässig, aber ethisch und wissenschaftlich nicht vertretbar seien, kritisierte Then. Seit den 1980er Jahren seien insgesamt 12.431 Patente auf Mensch und Tier angemeldet und rund 900 Patente erteilt worden.

Der Patentexperte kritisierte die Vergabepraxis des Patentamtes. Das Amt verstehe sich als Industriebehörde und folge wirtschaftlichen Interessen. Die Öffentlichkeit bleibe dabei außen vor. Greenpeace fordere daher eine Verbesserung der Gesetzeslage und eine transparentere Vergabepraxis der Patente.

EU-Patentrichtlinie neu verhandeln
Die Umweltschutzorganisation "Greenpeace" sieht bei der Vergabe von Patenten immer häufiger ethische und rechtliche Grenzen überschritten. Obwohl das Europäische Parlament die Patentierung menschlicher Gene verboten habe, passiere dies immer öfter, kritisierte Greenpeace-Experte Christoph Then am Montag in München. Er forderte deshalb eine Neuverhandlung der EU-Patentrichtlinie sowie ein umfassendes Verbot der Patentierung von Lebewesen und ihren Genen. Das Thema solle auch im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft erörtert werden.