Zivile Trauerfeier für durch Sterbehilfe verstorbenen Italiener

Tod Piergiorgio Welbys spaltet Italien

Mehrere hundert Menschen haben am Sonntag in Rom dem verstorbenen Piergiorgio Welby bei einer zivilen Totenfeier die letzte Ehre erwiesen. Die Zeremonie fand vor der Don-Bosco-Kirche im Stadtteil Tusculano statt, nachdem die Diözese Rom eine kirchliche Bestattung abgelehnt hatte. Sie begründete die Entscheidung damit, dass der erklärte Wunsch Welbys auf Tod im Gegensatz zur katholischen Lehre stehe. Ein Arzt hatte das Beatmungsgerät des unheilbar kranken Patienten abgestellt und damit den vorzeitigen Tod herbeigeführt.

 (DR)

Welby hatte seit längerem um die Abschaltung der lebenserhaltenden Apparate und die Gabe eines Schmerzmittels gebeten. Im September bat er in einer Videobotschaft an Staatspräsident Giorgio Napolitano um die Legalisierung der Euthanasie und löste damit eine landesweite Debatte um Sterbehilfe und Patientenverfügungen aus.

Vor der Don-Bosco-Kirche hatte die Radikale Partei Italiens (PR), die Welby in den letzten Wochen begleitete und seinen Wunsch auf Sterbehilfe unterstützte, ein Podium errichtet. Die Witwe des Verstorbenen, Mina Welby, erwartete von dort aus den Sarg, der nach italienischer Sitte beim Eintreffen aus dem Platz mit Applaus begrüßt wurde.

"Frohe Weihnachten, Welby"
Bei der Zeremonie bezeichnete Senator Gavino Angius die Absage des "Vatikan" als "unverständlich und pietätlos". Am Vorabend entrollten Fußballfans beim Erstligaspiel zwischen Rom und Cagliari im römischen Olympia-Stadion ein Spruchband "Buon Natale Welby" (Frohe Weihnachten, Welby).

Das Vikariat von Rom hatte in einer Erklärung von Freitag hervorgehoben, dass Welby wiederholt und unmissverständlich seinen Willen zu sterben erklärt habe. Im Gegensatz zu Fällen von Selbstmord, bei denen man unzureichendes Bewusstsein oder keine klare Absicht unterstellen könne, habe Welby wiederholt und unmissverständlich seinen Willen bekundet, dem Leben ein Ende zu setzen.

Dennoch werde die Kirche für die Ewige Ruhe des Toten beten und nehme Anteil am Schmerz seiner Angehörigen, so die Diözesanleitung. In der pastoralen Praxis erhalten auch Selbstmörder in der Regel ein kirchliches Begräbnis - mit der Begründung, niemand könne mit Bestimmtheit die Absicht und die letzten Beweggründe eines Menschen ermitteln.

Kardinal: Politische Instrumentalisierung
Der italienische Medien-Kardinal Ersilio Tonini beklagte unterdessen eine politische Instrumentalisierung des Leidens und des Todes von Welby. Im italienischen Fernsehen verteidigte er am Sonntag die Entscheidung der Diözese Rom.

Bei Selbstmördern gelte für die Kirche heute normalerweise das Prinzip der Barmherzigkeit, da sich die letzten Beweggründe meist nicht erkunden ließen, so der Kirchenmann. Welby habe jedoch seine Krankheit instrumentalisieren lassen. Die Kirche habe in diesem Fall daher hart bleiben müssen.

Papst Benedikt XVI. äußerte sich am Sonntag nicht zu dem Fall.
Allerdings deuteten Kommentatoren seinen Appell zum Schutz des Lebens von seinem ersten Moment bis zu seinem natürlichen Ende als eine indirekte Einlassung.

"Akt der Arroganz"
Der Spitzenpolitiker der PR, Marco Panella, kritisierte die Kirchenentscheidung am Wochenende als "Akt der Arroganz". Er hoffe, dass der Beschluss revidiert werde. Welbys Witwe Mina betonte gegenüber der Tageszeitung "Il Giornale", sie entstamme einer katholischen Familie und habe Euthanasie immer für ein Verbrechen und eine Sünde gehalten. Bei ihrem Mann "hat es sich aber nicht um Euthanasie gehandelt".