Merkel mahnt christliche Bezüge in EU-Verfassung an - Kardinal Lehmann begrüßt Appell der Bundeskanzlerin

"Europa, ein Werteclub"

In der Debatte über die geplante EU-Verfassung beklagt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einen mangelnden Bezug auf Gott in der Präambel des Vertragswerkes. Sie hätte sich "ein klareres Bekenntnis zu den christlichen Wurzeln gewünscht", sagte Merkel in einem Gespräch mit dem Magazin "Focus". Auch Kardinal Karl Lehmann verwies auf das Christentum als "Fundament Europas".

 (DR)

"Verantwortung vor Gott und den Menschen"
Sie verwies dabei auf das "klare Bekenntnis" des Grundgesetzes zur "Verantwortung vor Gott und den Menschen". Wenn dieses fehle, sei zweifelhaft, ob "das Prägende des Christentums für die alltägliche Politik aufrecht erhalten" bleibe. "Europa muss sich mit dieser Frage weiter beschäftigen", mahnte die Kanzlerin.

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, sagte, wenn in der Präambel doch noch deutlich werde, "dass auch Religion mit der zugehörigen Kultur zu den entscheidenden Fundamenten Europas" gehöre, sei "für den Anfang viel gewonnen".

Merkel betonte unter Hinweis auf jüdische, christliche und muslimische Beiträge zur abendländischen Kulturgeschichte betonte zugleich, Europa sei "kein Christenclub", sondern eher "ein Werteclub". Für diese Werte müsse Europa allerdings "bereit sein zu kämpfen", sagte sie und fügte hinzu: "Wir werden keinesfalls Positionen akzeptieren, die Würde des Menschen sei antastbar, oder Mann und Frau müssten unterschiedliche Entfaltungsmöglichkeiten haben".

Gewerkschaft kritisiert Merkel
Derweil kritisierte der Vorsitzende der IG Bauen-Agrar-Umwelt, Klaus Wiesehügel, mit Blick auf die deutsche EU-Ratspräsidentschaft das von Merkel vor dem Europaparlament vorgestellte Programm. Darin seien die sozialen Elemente "zu gering", bemängelte Wiesehügel. In ihrer Rede zur geplanten EU-Verfassung habe Merkel es versäumt, eine deutliche Botschaft zu senden. Es sei auch ein soziales Europa und nicht nur ein Europa der Märkte notwendig. Die Kanzlerin habe nur gesagt, wer die Erweiterung der EU wolle, müsse der Verfassung zustimmen.

Wiesehügel sagte, wer eine Verfassung wolle, müsse auch etwas für die Menschen hineinschreiben. Diese Chance habe Merkel "völlig versiebt". Es zeige sich schon sehr deutlich, dass die Kanzlerin das rein marktorientierte Europa nicht zu einem sozialen Europa machen wolle. "Ich bedauere das außerordentlich", sagte Wiesehügel, der auch Präsident des Internationalen Bundes der Bauarbeiter ist.