Papstsekretär veröffentlicht Buch über Johannes Paul II.

Papst Johannes Paul II. dachte an Rücktritt

Kardinal Stanislaw Dziwisz (67), langjähriger Papstsekretär und heutiger Erzbischof von Krakau, veröffentlicht seine Erinnerungen an Johannes Paul II. Das Interview-Buch mit dem Titel "Una vita con Karol" (Ein Leben mit Karol) berichtet über die wichtigsten Etappen im Leben von Karol Wojtyla: Von seinen Jahren als Erzbischof in Krakau, über die Papstwahl bis zu seinem Tod am 2. April 2005. Überraschend: Dziwisz behauptet, Johannes Paul II. habe im Laufe seiner schweren Erkrankung an Rücktritt gedacht.

 (DR)

Im Gespräch mit dem italienischen Journalisten Gianfranco Svidercoschi berichtet Dziwisz, der bereits im Jahr 1966 Wojtylas Privatsekretär wurde, detailliert über das Leben des polnischen Papstes. Unter anderem gehe es um Wojtylas Unterstützung für die polnische Gewerkschaft Solidarnosc, das Papstattentat 1981 oder den Weltfriedenstag 1986 in Assisi. Ausführlich behandelt Dziwisz auch die Ausrufung des Kriegsrechts in Polen und die lange gefährdete Heimatreise des Papstes von 1983, da die kommunistischen Behörden ihm ein Treffen mit Arbeiterführer Lech Walesa verweigerten.

Papst Johannes Paul II. dachte an Rücktritt
Johannes Paul II. habe an einen vorzeitigen Amtsrücktritt gedacht, die Idee nach Beratungen mit engen Mitarbeitern aber fallen gelassen. Wojtyla habe erwogen, ob entsprechend zur Rücktrittspflicht für Kardinäle mit dem 80. Lebensjahr nicht auch eine solche Pflicht für Päpste bestehe, schreibt Dziwisz.

Johannes Paul II. habe dazu seine engsten Berater konsultiert, darunter auch Kardinal Joseph Ratzinger als Präfekten der Glaubenskongregation, berichtete Dziwisz. Nach der gründlichen Überprüfung der Texte seines Vorgängers Paul VI., der den Rücktritt für alte Kardinäle verfügt hatte, sei Johannes Paul II. aber zur Überzeugung gekommen, "sich dem Willen Gottes zu unterwerfen und also solange im Amt zu bleiben, wie Gott es haben will", so Dziwisz unter Hinweis auf das Testament des Papstes, das unmittelbar nach dessen Tod veröffentlicht wurde.

Gleichzeitig habe der Papst aber, so berichtet der frühere Sekretär weiter, ein Vorgehen für den Fall festgelegt, dass er sein Amt nicht bis zum Ende hätte ausüben können. Johannes Paul II. habe auch diese Möglichkeit in Betracht gezogen, falls dies so dem Willen Gottes entsprochen hätte.

In Italien und Polen ist das Buch schon auf dem Markt, unklar ist laut Verlag derzeit noch, ob und wann der Band auch auf Deutsch erscheinen wird.

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