Europas größter Schuhhändler Heinz-Horst Deichmann wird 80

Selfmademan aus Gottes Gnaden

Sein Name erscheint in der Forbes-Liste der Superreichen dieser Welt auf Platz 365, mit einem Gesamtvermögen von 1,66 Milliarden Euro. Und 90 Prozent aller Deutschen sagen spontan "Schuhe", wenn sie auf der Straße zu "Deichmann" befragt werden - ein Bekanntheitsgrad, von dem die meisten Politiker nur träumen können.

 (DR)

Sein Name erscheint in der Forbes-Liste der Superreichen dieser Welt auf Platz 365, mit einem Gesamtvermögen von 1,66 Milliarden Euro. Und 90 Prozent aller Deutschen sagen spontan "Schuhe", wenn sie auf der Straße zu "Deichmann" befragt werden - ein Bekanntheitsgrad, von dem die meisten Politiker nur träumen können. Dennoch ist der Essener Unternehmer Heinz-Horst Deichmann, der am Sonntag 80 Jahre alt wird, kein selbstverliebter Superstar und kein Schlossbesitzer in Südfrankreich. - Hören Sie nach: domradio-Menschen mit dem Jubilar, außerdem ein Portrait.

Alles begann mit einem kleinen Schuhgeschäft
"Der Erfolg hat ökonomische Gründe, aber er kommt auch aus dem Segen Gottes", sagt der Mann, unter dessen Name Europas größte Schuhhandelskette mit 24.000 Mitarbeitern in zwölf Ländern firmiert, ebenso bescheiden wie selbstbewusst. Von seinem christlichen Glauben her versteht er sein Vermögen als Geschenk und sich selbst als "treuen Haushalter" des Familienunternehmens, das er 1956 von den Eltern übernahm.

Damals war es noch ein kleines Schuhgeschäft im Essener Arbeiterviertel Borbeck, in dem Deichmann geboren wurde und dem er treu blieb, obwohl er nach dem Krieg zunächst in Bonn Theologie und in Düsseldorf Medizin studierte und zum Dr. med. promovierte. Heute steht in Essen die moderne Zentrale des Weltunternehmens. Senior-Chef Deichmann hat nach wie vor ein gediegenes Büro in der Chefetage. Die laufenden Geschäfte übertrug er 1999 seinem heute 43-jährigen Sohn Heinrich.

Gründung des Missionswerks "Wort und Tat" 1977
Von Essen aus besucht Deichman nicht nur Filialen in München, Budapest oder Atlanta. Von der Ruhrgebietsmetropole aus wird auch das 1977 gegründete Missionswerk "Wort und Tat" mit Entwicklungsprojekten in Indien, Tansania und Israel verwaltet - ein Herzstück seines Engagements. "Wenn ich einmal vor dem Richterstuhl Gottes stehe, wird er mich nicht fragen, wie viele Paar Schuhe ich verkauft habe, sondern ob ich anderen Menschen geholfen habe", erklärt der von seinen vielen Reisen stets etwas gebräunte, fotogene 80-Jährige lächelnd und mit wachem Blick.

Gewinne auf diese Weise einzusetzen, bedeutet für ihn, ins Reich Gottes zu investieren. Über "Wort und Tat» fließen jährlich Millionenbeträge in Schulen, Krankenhäuser, Landwirtschaft oder die israelische Universität Ben Gurion. Genaue Zahlen werden öffentlich nicht genannt.

Vorbild Vater
Mission und soziales Engagement gehören für Deichmann schon seit seinen Kindertagen untrennbar zusammen. So erinnert er sich lebhaft an die Reichspogromnacht 1938, als jüdische Geschäfte von den Nazis zerstört wurden. "Mein Vater ging noch in derselben Nacht zu den betroffenen Nachbarn und bot seine Hilfe an." Eine lebenslange Prägung für den Sohn, der mit Tischgebet und Bibellesen aufwuchs. Noch heute hält er morgens seine persönliche "Stille Zeit" und ist Mitglied einer evangelisch-freikirchlichen Gemeinde.

Als einen Höhepunkt seines Lebens bezeichnet Heinz-Horst Deichmann ohne nachzudenken die Begegnung mit dem evangelischen Theologen Karl Barth 1946 während des Theologiestudiums in Bonn. Durch Barth wurde "der Gedanke der christlichen Freiheit und Liebe" gegenüber Gesetzlichkeit oder Werkgerechtigkeit zum Zentrum seines Glaubens.

Einen Tiefpunkt erlebte Deichmann nach seinen Worten bisher nicht, wohl aber schwierige Zeiten. Etwa im letzten Frühjahr, als seine Frau Ruth, mit der er seit 56 Jahren verheiratet ist und vier Kinder hat, schwer erkrankt war. Und 1945, als er an der Ostfront verwundet wurde und erst nach wochenlangem Fußmarsch wieder zu Hause in Borbeck war.

Firmenmotto: "Ein Unternehmen muss den Menschen dienen"
Das jahrzehntelange soziale Engagement des erfolgreichen Selfmademans aus Gottes Gnaden hat auch in der Wirtschaftswelt Spuren hinterlassen. "Ein Unternehmen muss den Menschen dienen", dieses Firmenmotto ist für Deichmann keine Sonntagsrede, sondern Alltagstun. Bei Manager-Magazinen und Wirtschaftsforen ist er deshalb ebenso beliebt wie bei christlichen Medien und Veranstaltern.

Warum ist der 80-Jährige jedermanns Darling, bewundert oder zumindest respektiert, auch wenn manchen seine Predigten zu fromm oder seine Projekte zu ambitioniert sind? "Die Leute werden überzeugt von einer gewissen Authentizität", sagt Deichmann selbst. Er tut, was er sagt. Im Unternehmen ebenso wie im Sozialen oder Privaten - Bereiche, die er ohnehin nicht voneinander trennen kann.

Für die Zukunft wünscht sich Deichmann neben Gesundheit für die ganze Familie, dass das Unternehmen weiter wächst und in Familienhand bleibt, damit es "mit persönlicher Verantwortlichkeit, Risikobereitschaft und Hingabe" geführt wird. Derzeit braucht sich der Jubilar um das Wachstum keine Sorgen zu machen: Drei Tage vor seinem Geburtstag wird in Hamburg die tausendste Deichmann-Filiale in Deutschland eröffnet.
(Bettina von Clausewitz/epd)