Thierse und Käßmann warnen vor Versuchung politischer Macht

"Eine große Versuchung"

Vor dem Missbrauch politischer und religiöser Gewalt haben die evangelische Landesbischöfin Margot Käßmann und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse gewarnt. Käßmann sagte am Donnerstag auf dem Kirchentag in Köln, Macht sei eine große Versuchung. Dies hätten die Korruptionsaffären der vergangenen Monate bei VW und Siemens gezeigt, aber auch die Doping-Skandale bei den Radsportlern.

 (DR)

Thierse warnte vor Überheblichkeit der Religionen. Es gebe im Neuen Testament kein Argument für die Überlegenheit von Religion oder gar für religiösen Fundamentalismus oder Triumphalismus.
Jesus verweigere sich der Rolle des religiösen Helden. Wenn sich politische und wirtschaftliche Macht zu nahe kämen, gerate auch eine Demokratie in Gefahr, betonte der SPD-Politiker.

Frere Richard von der französischen Kommunität Taize ermutigte zu Vertrauen, Einfachheit und Geduld. Damit und nicht mit schlagenden Beweisen habe Jesus dem Teufel widerstanden. Der Theologe Jörg Zink sagte: "Politisch wirken heißt gelassen und behutsam mitverantworten, was in dieser Welt geschieht."

Bei den Bibelarbeiten des 31. Kirchentages kommen noch häufiger als bei den vorherigen Protestantentreffen andere Konfessionen und Religionen zu Wort. Im Zentrum "Begegnung mit Muslimen"
legten die evangelische Pfarrerin in Beirut, Friederike Weltzien, und die sunnitische Muslima Latife Abdul Aziz gemeinsam die Bibel aus. Die Libanesin sagte, die Menschen in Beirut brauchten spirituelle Nahrung, um die Frage zu ertragen, wo denn Gott sei, wenn die Kinder im Bombenschutt erstickten.