Organstiftung Eurotransplant wird 40 Jahre alt

Um Leben und Tod

Es geht um Leben und Tod - und manchmal um Minuten:
Wenn irgendwo in Mitteleuropa ein Organ gespendet wird, müssen
Ärzte und Mitarbeiter der Stiftung Eurotransplant im
niederländischen Leiden schnell entscheiden, wie Leber, Herz oder
Niere zu welchem Empfänger gelangen. Seit 40 Jahren ist
Eurotransplant die zentrale Vermittlungs- und
Koordinierungsstelle für die Organe hirntoter Spender aus
Deutschland, Österreich, den Benelux-Ländern, Slowenien und
Kroatien - ein Einzugsgebiet von mehr als 123 Millionen Menschen.

 (DR)

Nach Meinung der Gesundheitsminister der beteiligten Länder hat
sich die Zusammenarbeit gelohnt. Sie treffen sich am Montag aus
Anlass des Jubiläums im niederländischen Valkenburg, um über
Strategien gegen den Mangel an Spender-Organen zu beraten und die
Zusammenarbeit über Eurotransplant zu bekräftigen. Seit der
Gründung der Stiftung haben mehr als 122.000 Europäer über
Eurotransplant ein Spenderorgan erhalten. In Leiden wird die
zentrale Warteliste erstellt. Hier sind im Computer die Daten der
potenziellen Empfänger gespeichert: etwa Blutgruppe,
Gewebeeigenschaften, Erkrankungsursache, Dringlichkeit und das
Krankenhaus, in dem der Patient behandelt wird.

Eurotransplant wurde 1967 von dem niederländischen Mediziner Jon
van Rood gegründet. Wichtigstes Ziel war die Registrierung von
Patienten, die auf ein Spenderorgan warten, über Ländergrenzen
hinweg. Van Roods Vermutung war, dass sich durch eine große
Warteliste die Transplantationsergebnisse wesentlich verbessern
ließen. So werde die Wahrscheinlichkeit größer, dass Spender und
Empfänger ausfindig gemacht werden können, deren immunologische
Daten zueinander passen. Derzeit sind über die mehr als 190
beteiligten Transplantationskliniken rund 15.000 Patienten auf
der Warteliste verzeichnet.

Eurotransplant befasste sich zunächst ausschließlich mit
Nierentransplantationen, dehnte sein Arbeitsgebiet jedoch nach
und nach aus. Heute vermittelt die Stelle Leber- und
Herztransplantationen, Pankreastransplantationen sowie seit
kurzem auch Lungen- und Zwölffingerdarmtransplantationen.

Die Spenderorgane werden nach festgelegten Kriterien an die
Wartelisten-Patienten vergeben. Im Vordergrund stehen
Verträglichkeit, Erfolgsaussicht, Wartezeit und Dringlichkeit.
Für Deutschland hat die Bundesärztekammer Richtlinien für die
Organvermittlung erlassen. Ziel von Eurotransplant ist
größtmögliche Transparenz in diesem sensiblen und hoch
umstrittenen Bereich. Stichworte wie Organhandel oder die Debatte
um den Hirntod haben bei vielen Menschen Misstrauen gegenüber der
Transplantationsmedizin geweckt.

Bei der Verteilung der Organe spielt auch die Spendenbereitschaft
des jeweiligen Landes eine Rolle. Allerdings profitiert
Deutschland, das eine eher geringe Spenderate hat, von anderen
Ländern. Seit dem Start von Eurotransplant führt die
Bundesrepublik mehr Organe ein, als sie selber zur Verfügung
stellt. Die Rolle des Exporteurs in diesem Verbund spielen unter
anderem Belgien und Österreich. Die negative deutsche Bilanz gibt
bei den anderen Mitgliedsstaaten immer wieder Anlass zu
Diskussionen.

Debatten lösten Ende August auch mehrere Lebertransplantationen
am Uniklinikum Kiel aus. Dort hatten arabische Patienten
Spenderorgane erhalten, obwohl diese grundsätzlich nur für
Empfänger aus dem Eurotransplant-Raum vorgesehen sind.
Bundesärztekammer und Eurotransplant forderten daraufhin eine
gesetzliche Neuregelung für die Behandlung ausländischer
Transplantationspatienten in Europa. Es gehe um Glaubwürdigkeit
und Gerechtigkeit.