Patriarch Alexij II. gibt Russlands Führung seinen Segen - Kasparow tritt nicht an

Befremdender Kotau

Der russisch-orthodoxe Patriarch Alexij II. hat die Entscheidung von Russlands Präsident Wladimir Putin, Dmitri Medwedew als seinen Wunschnachfolger zu präsentieren, als "wohlüberlegte Entscheidung" begrüßt. Zugleich bat das Kirchenoberhaupt in einem Fernsehinterview am Donnerstag "den selbstlos seinem Land dienenden" Staatschef, als Ministerpräsident weiter an der Macht zu bleiben. Aussichtsreichster Gegenkandidat Kasparow verkündet derweil seinen Rückzug. Die Russen wählen Anfang März einen neuen Präsidenten.

 (DR)

Putin kann gemäß der Verfassung nicht für eine dritte Amtszeit kandidieren. Es sei gewiss eine schwere Entscheidung für einen Mann, der acht Jahre lang Präsident und "nationaler Führer" gewesen sei, ins zweite Glied zurückzutreten, sagte Alexij. "Doch ich kenne Wladimir Wladimirowitsch (Putin) lange Zeit und weiß, dass er frei von persönlichem Ehrgeiz und Stolz ist, sondern stets seinem Land selbstlos gedient hat", so der Patriarch. Daher sei er sicher, dass sich Putin zum "Wohle Russlands" als Regierungschef zur Verfügung stelle.

Die russisch-orthodoxe Kirche nimmt seit längerer Zeit aktiven Anteil an der Tagespolitik. Im August hatte sie mit der "russischen Doktrin" ein eigenes Entwicklungsmodell von Wirtschaft und Politik in Russland vorgestellt. Vorwürfe einer zunehmenden Verschmelzung von Staat und Kirche wies das Moskauer Patriarchat stets zurück. Bislang hatten Kirchenvertreter allerdings trotz offensichtlich guter Beziehungen zum Kreml nicht offen dessen Politik propagiert.

Oppositionspolitiker Kasparow gibt auf
Der Oppositionspolitiker und Ex-Schachweltmeister Kasparow hat als Bewerber für das russische Präsidentenamt aufgegeben. Er erklärte, sein Wahlkampf ende an diesem Donnerstag. Als Begründung fügte er an, in ganz Moskau sei es nicht gelungen, einen Versammlungsort für all seine Anhänger zu finden. Kasparow fügte hinzu: Sein Bündnis Anderes Russland kämpfe nicht um die Macht, sondern dafür, dass echte Wahlen stattfänden. Um als Kandidaten für die Präsidentenwahl im März zugelassen zu werden, müssen die nicht mit einer Partei im Parlament vertretenen Kandidaten offiziell von einer Gruppe von mindestens 500 Anhängern unterstützt werden.

Bundesregierung beklagt wachsenden Antisemitismus
Die Bundesregierung hat sich derweil besorgt über eine Zunahme antisemitischer, rassistischer und ausländerfeindlicher Vorfälle in Russland geäußert. "Die menschenrechtlichen Bekenntnisse und die Wirklichkeit klaffen auseinander", sagte ein Regierungsvertreter im Bundestags-Menschenrechtsausschuss, wie die Pressestelle des Parlaments am Donnerstag mitteilte. Wegen unbestimmter Formulierungen in den Antiterrorgesetzen hätten die Behörden viel Spielraum bei der Strafverfolgung. Die Zustände im russischen Strafvollzug bewertete der Vertreter der Bundesregierung als erschütternd.