Bischof Marx: Religionsfreiheit vor neuen Herausforderungen

Religion keine Privatsache

Der scheidende Trierer Bischof Reinhard Marx sieht die Religionsfreiheit in Deutschland vor neuen Herausforderungen. Einerseits müsse die Religionsfreiheit strikt beachtet, andererseits müssten die "unterschiedlichen Beiträge" der Religionsgemeinschaften zur Kultur und Gesellschaft auch wahrgenommen werden, sagte Marx am Freitag bei einem Fachgespräch in Berlin. Die frühere Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) wies in der Debatte auf die globalen Probleme hin, Religionsfreiheit durchzusetzen.

 (DR)

Dabei sei besonders problematisch, dass der Religionswechsel nicht überall anerkennt werde und teils sogar lebensgefährlich sei. In Deutschland sei die Frage der Religionsfreiheit zunehmend in europäische Entscheidungen eingebunden. So habe etwa der Europäische Gerichtshof im April 2007 erklärt, dass Scientology den Schutz der Religionsfreiheit und Vereinigungsfreiheit genieße.

Das Problem sei, dass es keinen verbindlichen staatlichen Begriff der Religionsfreiheit gebe. Er werde maßgeblich davon geprägt, wie die Religionsgemeinschaften ihn selbst definieren, sagte Däubler-Gmelin.

Die SPD-Politikerin war vor wenigen Tagen zur neuen Vorsitzenden des Rechtsausschusses in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats gewählt worden.

Marx betonte, die religiös-weltanschauliche Neutralität des Staates dürfe nicht mit "ethischer Indifferenz" gleichgesetzt werden. Der 54-jährige Theologieprofessor unterstrich außerdem, zur Religionsfreiheit gehöre unbedingt die Ausübung im öffentlichen Raum: "Hinter dem verbreiteten Slogan, dass in der modernen Gesellschaft Religion nur noch 'Privatsache' sei, verbirgt sich zuletzt eine freiheitsfeindliche Haltung", sagte der Vorsitzende der Deutschen Kommission Justitia et Pax. Dass die Kirche auch in der Öffentlichkeit sichtbar sein müsse, habe auch rechtliche Konsequenzen, sagte Marx mit Blick auf die Frage, ob Kruzifixe in Schulen aufgehängt werden dürfen.
Marx ergänzte, in der heutigen Zeit stelle sich zunehmend auch die Frage nach den Grenzen der Religionsfreiheit. Es sei selbstverständlich, dass unter dem Titel der Religionsfreiheit nicht alles erlaubt sei. Umgekehrt dürfe aber "die prinzipielle Begrenztheit" eines jeden Menschenrechts nicht zu beliebigen Einschränkungen führen. Diese Gefahr sei vor allem in Zeiten allgemeiner Terrorismusangst "sehr real".