Neuer Bethel-Chef sieht Sozialbranche vor großen Herausforderungen

"Der Sinn motiviert"

Der neue Bethel-Chef Ulrich Pohl sieht die Sozialbranche vor große Herausforderungen gestellt. Die wirtschaftliche Situation für soziale Arbeit sei in den vergangenen Jahren "deutlich schwieriger" geworden, sagte Pohl in einem epd-Interview in Bielefeld. Er übernimmt dort am Freitag die Leitung der von Bodelschwinghschen Anstalten Bethel.

 (DR)

Nötig seien ausreichende materielle und personelle Ressourcen, um den künftigen Anforderungen gerecht zu werden, sagte der 50-jährige Theologe. So sei derzeit von 2,1 Millionen Pflegebedürftigen die Rede, diese Zahl werde jedoch in den kommenden Jahren kräftig steigen. "Das ist nicht zum Nulltarif zu haben, wenn man das menschenwürdig gestalten will", unterstrich Pohl. Dies sei auch der Politik bewusst. Die Anpassung der sozialen Sicherungssysteme nannte Pohl einen wichtigen Schritt.

Neben ausreichend "Geld im System" müsse es genügend junge Leute geben, die mit innerer Überzeugung und hoher Kompetenz im Sozialbereich arbeiten wollten. "Wir brauchen auch Juristen, Kaufleute oder IT-Leute, die sagen: Ich gehe sehr bewusst in den sozialen Bereich und setze meine Fähigkeiten ein im Interesse des Ganzen." Die Suche nach solchen Menschen wird nach Pohls Worten für Diakonie, Caritas und andere Wohlfahrtsverbände schwieriger.

Der neue Bethel-Leiter sprach in diesem Zusammenhang von einem "Wettbewerb um die besten Köpfe", bei dem die Sozialbranche nicht mit den Spitzen der Industrie mithalten könne. Er glaube aber, "dass nicht nur Geld, sondern Sinn motiviert". Weiterentwickeln will Pohl die Kultur des Ehrenamts. "Wenn wir nicht eine neue Form von bürgerschaftlichem Engagement finden, dann wird vieles nicht zu machen sein", betonte der Pastor.

In der Zukunft hält Pohl ein differenziertes Betreuungsangebot für nötig, das mehr als nur die Alternative zwischen stationärer Rundum-Versorgung und ambulanter Betreuung ermöglicht. Eine Abschaffung der Heime sei aber illusorisch, sagte Pohl mit Blick auf schwer pflegebedürftige Menschen.

Ganz wichtig ist dem Bethel-Leiter, dass die diakonische Einrichtung "vom Wesen her zu Kirche und Diakonie" gehört. Bei einem Arbeitsfeld ohne erkennbare diakonische Identität müsse deshalb "die Frage nach der Aufgabe von Angeboten" gestellt werden. Allerdings dürften Menschen mit großem Hilfebedarf nicht allein gelassen werden, mahnte Pohl. Der Präsident des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland, Klaus-Dieter Kottnik, hatte vorgeschlagen, dass die Diakonie Arbeitsfelder aufgibt, die kein erkennbar evangelisches Profil haben.