Wenige Stunden zuvor hatte der postkommunistische Staatspräsident Aleksander Kwasniewski in Warschau den lange Zeit heftig umstrittenen Vertrag ratifiziert. Seither stellt niemand mehr das Fundament des Zusammenarbeit von Politik und Klerus infrage. Problemfrei ist das Verhältnis von Staat und Kirche trotzdem nicht.
Über vier Jahre lang hatte eine vorübergehende linke Mehrheit im Parlament das Inkrafttreten des Konkordats blockiert, das die damalige konservative Regierung bereits im Juli 1993 mit dem Vatikan geschlossen hatte. Die Postkommunisten und die Bauernpartei PSL, die heute erneut als Junior-Partner in der Regierung vertreten ist, verweigerten ihre Zustimmung.
Begründung: Der Staat-Kirche-Vertrag stehe im Gegensatz zur Verfassung. Das führte zu scharfen Protesten der Bischofskonferenz. Das Abkommen drohte zu scheitern.
"Das Dokument will wirklich niemand mehr ändern"
Erst der Wahlsieg des rechtsgerichteten Wahlbündnisses Solidarität (AWS) machte den Weg frei für die Ratifizierung. Den Erfolg für die katholische Kirche brachte der neue evangelische Ministerpräsident Jerzy Buzek. Nach fast 48 Jahren Unterbrechung regelte nun wieder ein Vertrag sämtliche Bereiche der Mitwirkung der Kirche im öffentlichen Leben Polens vom Religionsunterricht bis zur Militärseelsorge. Im September 1945 hatte die kommunistische Regierung das erste Konkordat mit dem Heiligen Stuhl von 1925 aufgekündigt.
Das neue Vertragswerk bestand seine Prüfung. "Das Dokument will wirklich niemand mehr ändern. Alle Parteien respektieren die Grundregeln der Beziehungen zwischen Staat und Kirche", sagt der Publizist und Kirchenexperte Marek Zajac. Die Zusammenarbeit funktioniere seit zehn Jahren ununterbrochen gut, egal wer gerade regiere.
Johannes Paul II. betonte mehrfach den Erfolg des Konkordats. Er lobte die verbesserte Kooperation von Staat und Kirche. Darüber hinaus habe es sich als ein ökumenisches Instrument auch im Umgang mit den anderen Kirchen und Religionsgemeinschaften in Polen bewährt, so der Papst 2001. Es war eine besondere Geste, dass Johannes Paul II. das Konkordat persönlich ratifizierte. Normalerweise unterzeichnet sie der Kardinal-Staatssekretär im Auftrag des Papstes.
Das Abkommen bei Eheschließungen
Die größte gesellschaftliche Änderung brachte das Abkommen bei Eheschließungen. Seitdem erkennt der Staat die Trauung in der Kirche als Zivilehe an - und die Standesämter haben viel weniger zu tun. Bis heute umstritten ist allerdings die Stellung des Religionsunterrichts. Die Bischöfe wünschen sich die Zulassung von Religion als Wahlfach bei der Abiturprüfung. Zudem solle die Religionsnote in allen Jahrgängen beim Notendurchschnitt mitberücksichtigt werden - so hatte es die abgewählte konservative Regierung von Jaroslaw Kaczynski ab diesem Schuljahr eingeführt. Die Position des neuen rechtsliberalen Ministerpräsidenten Donald Tusk dazu ist bislang unklar.
"Die jetzige Regierung hat Angst, auf die Forderungen der mächtigen Kirche zu antworten", meint Publizist Zajac. Sie vermeide den Konflikt mit der Bischofskonferenz, indem sie auf Zeit spiele. Die Sprachregelung des Kabinetts lautet daher: Zunächst soll das Verfassungsgericht über eine Klage der Linken entscheiden, ob Religion bei der Durchschnittsnote mitgerechnet werden dürfe. Offen mit der Kirche legt sich seit zehn Jahren keine Regierung mehr an.
Von Oliver Hinz (KNA)
Vor zehn Jahren ratifizierte Johannes Paul II. den Polen-Vertrag
Das Konkordat bestand seine Prüfung
Vor zehn Jahren endete in Polen der Kalte Krieg zwischen Staat und katholischer Kirche: Am 23. Februar 1998 unterzeichnete Papst Johannes Paul II. im Vatikan das Konkordat zwischen seinem Heimatland Polen und dem Heiligen Stuhl.
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