Karl-Heinz Wiesemann als Bischof eingeführt

Ausnahmezustand in Speyer

Speyer im Ausnahmezustand. Die Innenstadt blau-weiß und gelb-weiß beflaggt, rund um den Domeingang Menschentrauben, an den Zugängen zur Fußgängerzone Polizisten, der Dom mit knapp 2.500 Menschen prall gefüllt. Es ist Sonntag, und der bisherige Paderborner Weihbischof Karl-Heinz Wiesemann wird an diesem Nachmittag als 96. Bischof von Speyer eingeführt.

Autor/in:
Michael Jacquemain
 (DR)

Die Diözese ist eine der ältesten in Deutschland, der bald 1.000 Jahre alte Kaiser- und Mariendom zählt zu den bedeutendsten Zeugnissen mittelalterlicher Architektur. Die Krypta ist Grablege von acht deutschen Kaisern und Königen, vier Königinnen und vieler Bischöfe. 1981 kam das Gotteshaus auf die Liste des Weltkulturerbes, 1987 nannte Papst Johannes Paul II. die Kathedrale "ein Denkmal der Einheit, die einmal gewesen ist, und ein Mahnmal zur Einheit, wie sie wieder kommen muss".

In seiner Ansprache bekennt Wiesemann, dass ihm bei seiner ersten Predigt als Bischof in dieser Kirche "schon ein wenig die Knie" wanken. Letztmals hatte Speyer vor rund einem Vierteljahrhundert die Einführung eines neuen Bischofs erlebt. Damals war der Franke Anton Schlembach zum Oberhirten ernannt worden. Heute übergab Schlembach den Bischofsstab an Wiesemann.

Wie bei Anlässen dieser Art üblich, so gab es auch am Sonntag viele Grußworte und Reden. Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller
(CDU) sprach ebenso wie der stellvertretende rheinland-pfälzische Ministerpräsident Karl Peter Bruch (SPD), der in Vertretung des erkrankten Regierungschefs Kurt Beck (SPD) gekommen war. Offiziell hatte der Apostolische Nuntius Erzbischof Jean-Claude Perisset zu Beginn der Messe die Ernennungsurkunde von Papst Benedikt XVI. vorgelesen. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Freiburgs Erzbischof Robert Zollitsch, fand ebenso freundliche Worte für Wiesemann wie der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick, zu dessen Kirchenprovinz Speyer gehört.

Gekommen waren auch Kardinal Joachim Meisner aus Köln, die Erzbischöfe Hans-Josef Becker aus Paderborn und Reinhard Marx aus München sowie Bischöfe aus Ruanda, Polen und Rumänien. Humorvoll zeigte sich der Speyerer Oberbürgermeister Werner Schineller (CDU), der Wiesemann mit einem Zitat Otto von Bismarcks begrüßte: "Der Westfale bleibt immer Westfale!" Schineller ergänzte, dass die Speyerer schon dafür sorgen würden, dass Wiesemann ein Pfälzer werde. Dies solle er nicht als Drohung verstehen, schließlich müsse er kein Saarländer werden.

Der Kirchenpräsident der evangelischen Kirche der Pfalz, Eberhard Cherdron, brachte seine Hoffnung auf ein gutes ökumenisches Miteinander zum Ausdruck. Die dürfte erwidert werden, denn der 47-jährige Wiesemann verbrachte seine Jugend im überwiegend evangelischen Herford. Die Diaspora habe ihn geprägt, sagt er über sich; die Ökumene sei ihm bis heute ein Anliegen. In seiner Predigt betonte der nunmehr jüngste deutsche Ortsbischof denn auch, er wolle eine "herzliche Ökumene" pflegen, "in der wir gemeinsame Schritte zur Einheit in gegenseitiger Achtung und Verbundenheit suchen und gehen".

Nach dem Gottesdienst ging das Feiern weiter. "Zu des Volkes Lust und Fröhlichkeit" wurde aus dem Domnapf vor dem Westportal Wein ausgeschenkt. Gefüllt war die steinerne Schüssel mit 1.000 Litern halbtrockenen "2007er Deidesheimer Paradiesgarten Riesling". Dass es Wein aus dem Domnapf gibt, ist in Speyer bei kirchlichen Großereignissen alter Brauch. Wiesemann selbst eröffnete am späten Nachmittag das Begegnungsfest. Über acht Zapfhähne floss der Wein in Viertelliter-Gläser. Auf ihnen ist neben der Aufschrift "Amtseinführung Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann 2. März 2008" sein bischöfliches Wappen abgebildet. Dass der Bischof aus Westfalen schon vor seiner Berufung in die Pfalz Kontakt mit gegorenem Traubensaft hatte, dokumentiert die Buchhandlung in der Innenstadt: Angeboten wird ein Kochbuch, zu dem auch der neue Bischof ein Rezept beigetragen hat: Weincreme mit Baiser.