Manchmal gebühren Vätern die Blumen zum Muttertag

Papa kann das auch

Immer mehr Alleinerziehende - Deutschlands Mütter freuen sich heute bei strahlendem Sonnenschein über den Tag zu ihren Ehren, den Muttertag.

Autor/in:
Barbara Driessen
 (DR)

Aber manchmal ist es der Papa, dem die Blumen und Basteleien  gebühren: Die Zahl der alleinerziehenden Väter hat sich in den vergangenen 30 Jahren verdoppelt. "Wir sind dann weg." Vier Worte markieren das Ende einer 14-jährigen Ehe. Dirk Bongardt sieht zu, wie seine Frau den letzten Karton zum Auto trägt und mit ihrem neuen Freund davonfährt. Er bleibt zurück mit vier Kindern zwischen neun und 13 Jahren. Fortan ist er allein zuständig fürs Kochen, Putzen, Waschen, Staubsaugen, Elternabende besuchen, Streitereien schlichten und Pflaster auf aufgeschürfte Knie kleben. "Zu diesem Zeitpunkt war ich meinen Kindern der denkbar schlechteste Vater - mit einer Ausnahme: Ich war da", so Bongardt im Rückblick.

Manchmal ist es der Papa, dem die Blumen und Basteleien zum Muttertag
gebühren: Die Zahl der alleinerziehenden Väter hat sich in den vergangenen 30 Jahren von 82.000 auf 164.000 verdoppelt. Einige Soziologen gehen gar von 200.000 bis 300.000 aus.

Als Alleinerziehender musste Dirk Bongardt alles neu lernen, auch das Einkaufen. "In den ersten Wochen fuhr ich einfach zum Supermarkt und kaufte das, von dem ich vermutete, das wir es brauchten", schreibt Bongardt in seinem "Survival-Handbuch für alleinerziehende Väter". So habe er jedes Mal reflexartig ein bis zwei Kilo Mehl in den Einkaufswagen gelegt. "Bis mir die Kinder sagten, im Vorratsschrank sei kein Platz mehr für Mehl."

Die am schnellsten wachsende Familienform in Deutschland
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes machen alleinerziehende Väter mit ihren Kindern etwa zehn Prozent der sogenannten "Ein-Eltern-Familien" aus. Es ist die am schnellsten wachsende Familienform in Deutschland. 51 Prozent der alleinerziehenden Väter sind geschieden, 22 Prozent leben von ihren Noch-Ehefrauen getrennt. 13 Prozent sind verwitwet.

Wie viele von ihnen Unterhalt von den Müttern ihrer Kinder bekommen, ist unklar. "Viele Väter wollen auch gar keinen Unterhalt, weil sie das nicht mit ihrem Selbstwertgefühl vereinbaren können", sagt Sabina Schutter vom Bundesverband alleinerziehender Mütter und Väter in Berlin. Zudem sei es ohnehin so, dass die meisten alleinerziehenden Väter finanziell besser gestellt seien als alleinerziehende Mütter: "Sie haben ihre berufliche Laufbahn nie unterbrochen und sind noch voll im Beruf", sagt Schutter. Frauen dagegen haben in der Regel eine Babypause hinter sich und müssen wieder den Berufseinstieg schaffen.

Kann ein Vater die Mutter vollständig ersetzen? "Selbstverständlich", sagt Axel Faun (42) aus Köln, der seine Tochter Karla (9) im Wechsel mit der getrennt lebenden Mutter allein betreut. "Glücklicherweise ist die Ansicht, dass Kinder nicht ohne ihre Mütter auskommen können, gesellschaftlich überholt." Karla akzeptiert den Papa genauso als Spielgefährten wie als Seelentröster. Wissenschafter haben zudem beobachtet, dass Väter eher als Mütter den Nachwuchs dazu anspornen, Risiken einzugehen und selbstständig zu werden.

Viel Anerkennung für die Betreuung ihrer Kinder
Von ihrem sozialen Umfeld erfahren alleinerziehende Väter in der Regel viel Anerkennung für die Betreuung ihrer Kinder. "Vor allem von Müttern - die sagen dann: Toll, das müsste ich mal meinem Mann sagen", erzählt Faun. "Väter erhalten auch mehr informelle Unterstützung als Mütter", sagt Sabina Schutter von Verband der Alleinerziehenden. Freunde und Nachbarn böten ihre Hilfe viel eher an.

Ähnlich verhält es sich mit der sozialen Akzeptanz: "Wenn ein geschiedener Vater sein Kind nur alle vierzehn Tage am Wochenende sieht, ist das für die meisten völlig normal", meint Axel Faun. Im umgekehrten Fall, bei einer Frau, heiße es dann gleich: Was ist denn das für eine Mutter!

Traditionellen Familienfeiertagen wie dem Muttertag hat Faun nie viel Bedeutung zugemessen. Aber ein bisschen ins Grübeln kommt er dann
schon: "An diesem Tag fühlt man sich daran erinnert, dass es für Kinder natürlich schöner wäre, in einer festen Beziehung mit beiden Elternteilen aufzuwachsen." Dirk Bongardts Bilanz jedoch lautet: "Es geht trotzdem!"