Jaschke: Sexuelle Gewalt in der Kirche nicht verschweigen

Klare Worte zum Tabuthema

Der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke hat dazu aufgerufen, das Thema sexuelle Gewalt in der Kirche rückhaltlos zu behandeln. "Schweigen darf nicht der richtige Weg sein", forderte Jaschke am Freitag beim Katholikentag in Osnabrück. Es reiche nicht, pädophile Priester zu versetzen; sie müssten ihres Dienstes enthoben werden, so der Weihbischof. Sexueller Missbrauch sei auch in der Gesellschaft ein Tabuthema, doch müsse sich die Kirche für derartige Verfehlungen besonders schämen. "Wir, die wir auf einem hohen moralischen Podest stehen. Das ist furchtbar", betonte er.

 (DR)

Jaschke äußerte sich bei einem Podium der Ökumenischen Initiative Kirche von unten (IKvu) zum Thema «Sexuelle Gewalt in der Kirche». Es war die erste Veranstaltung zu diesem Thema bei einem Katholikentag.

Nach Einschätzung der Landshuter Erziehungswissenschaftlerin Mechthild Wolff sind hierarchische Organisationen wie die Kirche anfällig für sexualisierte Gewalt. Zudem sei die katholische Kirche, die Sexualität weitgehend tabuisiere, für solche Fälle prädestiniert.
Die Kirchen sollten bei der Aufarbeitung mit unabhängigen, nichtkirchlichen Opfer-Organisationen zusammenarbeiten, die keinerlei Loyalitätsdruck unterlägen.

Der IKvu-Bundesgeschäftsführer Bernd Hans Göhrig kritisierte, die Deutsche Bischofskonferenz habe erst 2002 Leitlinien zum Umgang mit sexuellem Missbrauch vorgelegt, obwohl das Thema seit den 1970er-Jahren bekannt sei. Zudem wirke der erst nach öffentlichem Druck entstandene Text teils unprofessionell. So sprächen Experten von «sexualisierter Gewalt» statt von «sexuellem Missbrauch». Dem Erzbistum Hamburg, in dem vor wenigen Wochen ein Priester wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch beurlaubt wurde, bescheinigt Göhrig ein «gutes Krisenmanagement». Im Gegensatz dazu sei ein ähnlicher Fall im Bistum Regensburg in den vergangenen Jahren durch das Vorgehen der Diözese zum «Supergau» geraten. Dort hatte sich ein Geistlicher in verschiedenen Pfarreien mehrfach an Kindern vergangen.

Norbert Denef, als Kind Opfer eines Kantors und eines Priesters, beklagte, durch die bischöflichen Leitlinien habe sich der Umgang der Kirche mit dem Thema nicht geändert. Er selbst habe erst als Erwachsener die Kraft gefunden, über das erfahrene Leid zu reden. Der 59-Jährige ersucht nach eigenem Bekunden seit Jahrzehnten bei verschiedensten kirchlichen Stellen bis hin zum Papst um Anerkennung und Wiedergutmachung seines Unrechts. Statt Hilfe erfahre er nur Ablehnung bis hin zur Diffamierung, beklagte er.

Die Vorsitzende der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG), Ute Theisen, erläuterte, ihre Organisation habe eine eigene Handreichung zum Thema entwickelt. Der Impuls dazu sei nicht aus den oberen Etagen der Kirche, sondern von der Basis gekommen. Sollten Fälle sexualisierter Gewalt bekannt werden, würden die Täter nicht etwa in eine andere Gruppe versetzt, sondern sofort aus der DPSG ausgeschlossen.