Im September 1818 reist der Dichter Clemens Brentano von Berlin nach Dülmen in Westfalen. Kurz zuvor hat er die Generalbeichte abgelegt und sich nach einem bewegten Leben und zwei Ehen zum katholischen Glauben bekehrt. In Dülmen will er am Lager der stigmatisierten Nonne Anna Katharina Emmerick deren Visionen und Gedanken aufschreiben und für ihre Verbreitung sorgen. Die Begegnung wird für beide zu einem tiefgreifenden Ereignis.
Dominik Graf schildert in seinem 2007 bei den Hofer Filmtagen uraufgeführten Spielfilm "Das Gelübde" die schwierige Beziehung zwischen der an den Wundmalen Jesu leidenden Nonne und dem schwärmerischen Dichter der Romantik. Der in Koproduktion von ARTE und WDR entstandene Film ist am Freitag ab 21.00 Uhr im ARTE-Programm zu sehen.
Graf schrieb das Drehbuch zusammen mit Markus Busch nach Motiven des
1998 erschienen gleichnamigen Romans des Fantasy-Autors Kai Meyer. Der geheimnisvollen Beziehung zwischen dem Dichter und der Nonne verlieh Meyer eine erotische Seite, die ihren Ausdruck in dunklen Träumen findet. Clemens und Anna offenbaren sich ihre sündigen Gedanken und nehmen sich das Gelübde ab, darüber zu schweigen. Graf verarbeitete Elemente des Romans zusammen mit überlieferten Schilderungen.
Vier Bücher nach fünf Jahren
Der Film konzentriert sich jedoch auf die mystisch-religiösen Gedanken der kaum Nahrung zu sich nehmenden frommen Frau und des ihr ergebenen Schreibers. Fünf Jahre lang besuchte Brentano Anna Katharina in ihrem Krankenzimmer, um ihre Schilderungen aufzuzeichnen. 40 Foliobände füllte er in diesen Jahren. Daraus entstanden vier Bücher: "Das bittere Leiden unsers Herrn Jesu Christus", "Leben der heiligen Jungfrau Maria", "Lehrjahre Jesu" und eine unvollendete Biografie Anna Katharina Emmericks. Sie alle tragen nach Ansicht von Experten Zeichen der dichterischen Gestaltung durch Brentano.
Im Film gibt sich Brentano als gewissenhafter Schreiber, der wortgetreu die Visionen der schon zu Lebzeiten fast wie eine Heilige verehrten Anna Katharina notiert. Graf erzählt über weite Strecken hinweg eine sehr fromme Geschichte aus einem geschundenen Land in einer dunklen Zeit. Brentano wankt durch sie unstet und unsicher, verzweifelt im Glauben Halt suchend. Ein frommer Film ist "Das Gelübde" dennoch nicht. Er schafft eine geheimnisvolle Atmosphäre, die durch das ruhige, manchmal spröde Spiel seiner glänzenden Hauptdarsteller Misel Maticevic (Brentano) und Tanja Schleiff (Anna Katharina) noch verstärkt wird. Am Ende geht der Film dennoch auf nüchterne Distanz.
Der mit viel Aufwand im Frühjahr 2007 im westfälischen Billerbeck inszenierte Kostümfilm bemüht sich bis hin zur Sprache um historische Authentizität. Er endet mit klaren, hellen Dokumentaraufnahmen der Heilig-Kreuz-Kirche in Dülmen, in deren Krypta die sterblichen Überreste der 2004 seliggesprochenen Anna Katharina Emmerick umgebettet wurden.
Auch Meyers Motiv der versteckten Erotik nimmt der Film auf. Brentano sieht Anna nackt die Glocken der Dülmener Kirche läuten. Und sie gesteht ihm später, er sei der Mann, der ihr in ihren Träumen immer wieder erschienen sei. Diese Geschichte scheint auf und verschwindet wie so vieles in diesem Film, der in schönen Bildern erzählt, beschreibt und andeutet, aber nie wirklich Position bezieht.
Hinweis: "Das Gelübde" Fernsehfilm, Deutschland 2007. Buch Dominik Graf, Markus Busch, Regie: Dominik Graf ARTE, Fr 30.5., 21.00 - 22.30 Uhr
Kritik: Der Film "Das Gelübde" über Clemens Brentano und Anna Katharina Emmerick
Mystisch, fromm und skeptisch
"Die Passion Christi" von Mel Gibson war 2004 wohl einer der umstrittensten Filme. Vor allem wegen der dargestellten Grausamkeiten - die fast vollständig auf einer Vision Anna Katharina Emmericks beruhten. Das Leben der Nonne aus Westfalen wurde nun wiederum von einem deutschen Regisseur verfilmt und feiert heute Abend TV-Premiere.
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