Österreich: Kirchen bestürzt über Jörg Haiders Tod - Trauergottesdienst am Abend

Über den Toten nichts Schlechtes

Mit Bestürzung haben in Österreich Bischöfe auf den Unfalltod des rechtspopulistischen Politikers und Kärntener Landeshauptmanns Jörg Haider reagiert. Viel ist die Rede von einem Politiker "mit großer Begabung und Charisma" und einer "außerordentlichen politische Persönlichkeit". Dass Haider in den Augen vieler Christen zeitlebens Unfrieden gesäht hat, scheint nun nicht mehr erwähnenswert.

 (DR)

Der katholische Bischof Alois Schwarz von Gurk-Klagenfurt nannte am Wochenende den umstrittenen 58-Jährigen eine «außerordentliche politische Persönlichkeit von großer Begabung und mit besonderem Engagement». In seinem politischen Handeln habe der Kärntner Regierungschef unterschiedliche Reaktionen ausgelöst, hob der Bischof hervor, betonte aber auch, Haider habe die Kirche als wichtigen gesellschaftspolitischen Faktor anerkannt und immer wieder das Gespräch mit ihren Vertretern gesucht.

Der Wiener Erzbischof und Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz, Kardinal Christoph Schönborn, erklärte, der Tod «stellt uns alle vor die letzten Fragen, denen gegenüber die vorletzten Fragen - so wichtig sie sind - ihre Bedeutung verlieren. In diesem Sinn bete ich für Jörg Haider, für seine Familie und für das Land, dem er als Landeshauptmann zu dienen bemüht war».

Wie Schwarz sprach auch Schönborn der Familie und vor allem der Mutter Haiders, die am Samstag 90 Jahre alt wurde, sein Beileid aus. Haider, früher Chef der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), gründete im April 2005 die neue Partei «Bündnis Zukunft Österreich» (BZÖ), deren Vorsitzender er seit August war. Als Spitzenkandidat konnte er bei den jüngsten Nationalratswahlen am 28. September das Ergebnis des BZÖ gegenüber 2006 mit 10,7 Prozent mehr als verdoppeln.

Bünker: Ein Politiker mit Begabung und Charisma
Als einen Politiker «mit großer Begabung und Charisma», der Österreich in den zurückliegenden beiden Jahrzehnten entscheidend mitgeprägt habe, würdigten auch der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker und der für Kärnten zuständige Superintendent Manfred Sauer den verunglückten Haider.

Mit Blick auf die Kritik und Ablehnung, die der Spitzenpolitiker hervorrief, mahnte der evangelische Bischof: «Dass der amtierende Landeshauptmann Kärntens so tragisch aus dem Leben gerissen wird, möge alle in der Politik des Landes aufrufen, in besonnener Weise die politische Auseinandersetzung zu führen und stets das Gemeinsame über das Trennende zu stellen.» Von einem «enormen Verlust für unser Land» sprach Superintendent Sauer. Haider sei kein «abgehobener» Politiker gewesen, sondern «ein Mensch zum Anfassen» gewesen.

Am Samstagnachmittag fand eine Trauer-Regierungssitzung statt. Diözesanbischof Alois Schwarz und Superintendent Manfred Sauer würdigen Haider und sprachen Gebete. Am Sonntag feierten sie im Dom zu Klagenfurt einen ökumenischen Gottesdienst im Gedenken an den Landeshauptmann. Zu dem Gottesdienst war die Bevölkerung des österreichischen Bundeslandes Kärnten, dessen Regierungschef der 58-Jährige seit 1999 war, in besonderer Weise eingeladen, hieß es auf der Internet-Seite des Bistums Gurk-Klagenfurt. Am Samstag und Sonntag war bereits vor den regulären Gottesdiensten jeweils eine halbe Stunde für den Verstorbenen gebetet worden.

Umstritten und erfolgreich
Jörg Haider war einer der umstrittensten Politiker Östereichs.
1999 war seine damalige Freiheitliche Partei (FPÖ) aus den Parlamentswahlen als zweitstärkste Kraft hinter der konservativen ÖVP hervorgegangen und bildete mit ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel eine Regierungskoalition. Haider selbst war wegen seiner Äußerungen zum Nationalsozialismus nicht Teil der Regierung: Er hatte von einer "ordentlichen Beschäftigungspolitik" des Dritten Reichs gesprochen und Konzentrationslager als "Straflager" bezeichnet. Ein anderes Mal fand er lobende Worte für SS-Veteranen und beleidigte den Vorsitzenden der israelitischen Kultusgemeinde. Bei den Parlamentswahlen Ende September erzielte Haiders neue Partei,
das nach einem Zerwürfnis mit der FPÖ gegründete Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ), überraschend einen Stimmenanteil von elf Prozent.

Der populistische Wahlkampf Haiders und der BZÖ wendete sich vorrangig gegen die angeblich für soziale Missstände verantwortlichen Ausländer und Asylbewerber, in Haiders Augen „Sozialschmarotzer". Noch im  Juli versuchte Haider, Asylbewerber aus dem von ihm regierten Bundesland Kärnten ins Flüchtlingslager Traiskirchen abzuschieben. Innenministerin Maria Fekter kündigte daraufhin rechtliche Konsequenzen gegen Haider an und warf ihm Freiheitsentzug, Nötigung und Täuschung vor.