terre des hommes startet Kampagne

Vertreibung stoppen

Fast 80 Millionen Menschen weltweit sind auf der Flucht - in ihrer eigenen Heimat. Die meisten sind Binnenvertriebene aufgrund gewaltsamer Konflikte. Unter dem Motto "Vertreibung stoppen!" macht das Kinderhilfswerk terre des hommes nun verstärkt auf das Schicksal dieser Menschen aufmerksam.

 (DR)

Die Zahl der innerhalb ihres Landes Vertriebenen hat nach UN-Angaben mit 25 Millionen Menschen weltweit einen neuen Höchststand seit 1990 erreicht. Das Problem sei die derzeit mutmaßlich größte humanitäre Herausforderung für die Staatengemeinschaft, sagte der UN-Beauftragte für die Menschenrechte Binnenvertriebener, Walter Kätlin, am Montag zum Start einer Kampagne von "terre des hommes" Deutschland in Berlin. In insgesamt 50 Staaten müssten Menschen aufgrund gewaltsamer Konflikte ihre Heimat verlassen. Vertreibung töte zwar nicht, zerstöre aber Leben, so Kätlin.

Unter dem Motto "Vertreibung stoppen! Kinder brauchen ein Zuhause" will das Kinderhilfswerk in diesem Jahr verstärkt auf die Lage der Menschen aufmerksam machen, die aus ihren Dörfern verjagt werden oder aus Furcht vor drohender Gewalt ihre Heimatregion verlassen müssen. Ziele der Kampagne mit verschiedenen Aktionen und Projekten seien Gerechtigkeit für die Opfer und Strafen für die Täter, sagte der Kinderrechtsexperte von terre des hommes, Ralf Willinger.

Mehr als die Hälfte der Flüchtlinge im eigenen Land seien dabei Kinder. "Besonders dramatisch ist die Lage derzeit im Sudan mit sechs Millionen, in Kolumbien mit vier Millionen und im Irak mit 2,4 Millionen Binnenvertriebenen", sagte Willinger. Sie werden nach internationalem Recht nicht als Flüchtlinge anerkannt, da sie bei ihrer Flucht nicht die Grenzen ihres Heimatlandes überschreiten. Deshalb gebe es für sie auch keine dem UN-Flüchtlingshochkommissariat entsprechende Organisation, die sie schützt und versorgt.

Ein Prozent der Weltbevölkerung auf der Flucht
Zusammen mit den Vertriebenen durch Naturkatastrophen oder
Infrastruktur- und Bauprojekte wie Staudämme gebe es insgesamt 77 Millionen binnenvertriebene Menschen weltweit, sagte UN-Beauftragter Kätlin weiter. Das sei ein Prozent der Weltbevölkerung. Die rund 16 Millionen registrierten Asylsuchenden und Flüchtlinge, von denen so viel mehr die Rede sei, zeigten, wie groß und gleichzeitig vernachlässigt das Problem Binnenvertreibung sei.

Kätlin begrüßte deshalb die Kampagne von terres des hommes, weil sie unter anderem ein weitgehend vergessenes Problem sichtbar mache und eine notwendige Öffentlichkeit schaffe, um Druck auf die entsprechenden Länder ausüben zu können. Die Kampagne schaffe zudem Solidarität mit den Binnenvertriebenen selbst, welche Mut aus der Tatsache schöpften, dass ihr Schicksal im Ausland bekannt ist. Er appellierte an die betroffenen Regierungen, die 1998 von der UN-Vollversammlung verabschiedeten "Leitlinien zur Binnenvertreibung" in nationale Gesetzgebungen umzusetzen, um den Vertriebenen zu ihren Rechten und zu einer Rückkehr zu verhelfen.