Simbabwe - ein Land versucht den Neubeginn

Ritt auf der Rasierklinge

Es sind verhalten positive Nachrichten, die in diesen Tagen aus Simbabwe kommen. Erstmals seit Monaten scheint das krisengebeutelte Land im Süden Afrikas ein wenig zur Ruhe zu kommen. Vor kurzem vermeldete die Weltgesundheitsorganisation WHO einen deutlichen Rückgang bei der Zahl der Cholera-Erkrankungen. Demnach wurden Mitte März "nur noch" etwas mehr als 2.000 Neu-Infizierte pro Woche gemeldet. Der Spitzenwert lag bei 8.000.

Autor/in:
Joachim Heinz
 (DR)

Auch wirtschaftlich lässt sich ein leichter Aufwärtstrend beobachten. Am Dienstag stellte das zentrale Statistikbüro nach mehrmonatiger Pause wieder offizielle Zahlen zur Teuerungsrate vor. Die Behörde sprach von einem Rückgang um 3,1 Prozent im Vergleich zum Vormonat - bezogen allerdings auf den US-Dollar und nicht auf die völlig wertlose Landeswährung.

Die unmittelbaren Folgen lassen sich in den Supermärkten der Hauptstadt Harare besichtigen. Die Regale biegen sich unter frischen Lebensmitteln - vor einem halben Jahr noch ein undenkbarer Zustand. Leisten können sich die Einkäufe allerdings nur ein Bruchteil der Simbabwer: jene, die über genügend Dollars verfügen. Der Großteil der Bevölkerung profitiert so gut wie gar nicht von der neuen Warenvielfalt.

Ähnlich zwiespältig fällt das Urteil über die Folgen der Cholera-Epidemie aus. Immer noch liegt die Sterberate laut WHO bei über zwei Prozent. Insgesamt sind seit Ausbruch der Seuche im August mehr als 4.000 Menschen an der Durchfallerkrankung gestorben.

Politische Lage "erstaunlich ruhig"
Vertreter von Hilfsorganisationen sprechen daher von einem «Ritt auf der Rasierklinge», um den labilen Schwebezustand zu bezeichnen, der ihre Arbeit vor Ort prägt. Nach wie vor ziehen die Anhänger des greisen Kleptokraten Robert Mugabe die Strippen hinter den Kulissen. Und nach wie vor hat sein Gegner, der mittlerweile amtierende Ministerpräsident Morgan Tsvangirai, Schwierigkeiten, seine Position zu festigen. Erst recht nach einem schweren Verkehrsunfall zu Beginn des Monats, bei dem er seine Ehefrau verlor und selbst nur knapp dem Tod entkam.

«Trotzdem ist die politische Lage erstaunlich ruhig», sagt der Leiter des Misereor-Büros in Harare, Volker Riehl. Er spricht von deutlichen Verbesserungen für die Tätigkeit internationaler Organisationen - auch wenn gewaltsame Übergriffe auf Hilfstransporte keineswegs der Vergangenheit angehörten.

In den vergangenen Tagen ist Riehl quer durchs Land gereist, um sich ein eigenes Bild vom Kampf gegen die Cholera zu machen. «Die Nothilfe greift und zeigt endlich Wirkung», lautet sein Fazit. Die Zahl der funktionsfähigen Gesundheitszentren steige und nehme damit den Druck von den wenigen Krankenhäusern, die auf dem Höhepunkt der Epidemie die Betroffenen versorgen mussten. Die sinkende Infektionsrate sieht der Misereor-Koordinator als Verdienst der Hilfswerke - «und nicht der tollen Arbeit der Regierung».

Trotzdem plädiert Riehl dafür, die neue politische Spitze bei der Krisenbewältigung nicht allein zu lassen. Von der vor einer Woche abgehaltenen internationalen Geberkonferenz in Washington erwartet er sich klare Signale in Richtung einer «humanitären Hilfe plus». Außer in einer direkten Unterstützung der notleidenden Bevölkerung sollten die westlichen Industriestaaten beispielsweise in die Gehälter von staatlichen Angestellten investieren. Auf diese Weise könne der Staat eines Tages wieder seinen so lange vernachlässigten Pflichten etwa im Bildungs- und Gesundheitswesen nachkommen.

Wann es dazu kommt, lässt sich nach Einschätzung der meisten Beobachter noch nicht sagen. Einer der «leichten Hoffnungsschimmer», von denen Experten wie Riehl sprechen, kommt ausgerechnet aus dem landwirtschaftlichen Bereich, der bisher hauptsächlich durch die Vertreibung weißer Farmer in die Schlagzeilen geriet. Vor wenigen Tagen hat die diesjährige Regenzeit aufgehört. Die Niederschlagsmengen lassen auf eine gute Ernte in der einstigen Kornkammer Afrikas hoffen. Zumindest für diejenigen, die auch in den zurückliegenden Wochen ihr Land bestellen konnten.