Massendemo gegen geplante Lockerung der Abtreibungsgesetze

"Marsch für das Leben" bewegt Spanier

Rund 100.000 Menschen sind heute in der spanischen Hauptstadt Madrid zu einer Protestkundgebung gegen die geplante Liberalisierung der spanischen Abtreibungsgesetze auf die Straße gegangen. Mit Blick auf die eingeleitete Gesetzesreform und mit Unterstützung der Spanischen Bischofskonferenz haben verschiedene katholische Organisationen sowie Anti-Abtreibungs-Initiativen haben zum "Marsch für das Leben" aufgerufen.

Autor/in:
Manuel Meyer
 (DR)

In anderen Städten des Landes soll es ebenfalls zu kleineren Protestmärschen kommen. In der vergangenen Woche starteten auch die Bischöfe eine eigene landesweite Protestkampagne gegen die Liberalisierung der Abtreibungsgesetze. Unter dem Motto "Schütze mein Leben" wurden in Kirchengemeinden und katholischen Zentren acht Millionen Broschüren sowie 30.000 Protestplakate verteilt, in denen sich die Bischöfe gegen die Liberalisierung von Abtreibung stellen.

Der Entwurf der sozialistischen Regierung sieht eine straffreie Abtreibung bis zur 14. Schwangerschaftswoche vor. Zudem sollen Minderjährige ab 16 Jahren künftig eine Abtreibung ohne Einverständnis ihrer Eltern vornehmen lassen dürfen. Bei Missbildung des Fötus sowie bei Gefährdung der physischen oder psychischen Gesundheit der werdenden Mutter sollen Abtreibungen noch bis zur 22. Woche erlaubt sein. Das geht der Kirche zu weit. Obwohl noch nicht alle Einzelheiten des neuen Gesetzes vorliegen, sehen sich die Bischöfe zu einer präventiven Protestaktion genötigt. Alles ziele darauf ab, so ein Sprecher, dass die bisher geltende Indikationsregelung durch eine Fristenlösung ersetzt werde.

Abtreibungen in Spanien sind grundsätzlich verboten
Bislang sind Abtreibungen in Spanien grundsätzlich verboten. Die seit 1985 geltende Regelung gestattet nur drei Ausnahmefälle: bei Vergewaltigung, bei Missbildung des Fötus sowie bei Gefährdung der physischen oder psychischen Gesundheit der werdenden Mutter. Dabei nahm die Zahl der registrierten Abtreibungen in Spanien in den vergangenen zehn Jahren fast um 73 Prozent zu. Bei jungen Frauen zwischen 20 und 29 Jahren war sogar eine Verdoppelung zu verzeichnen. Fast 96 Prozent aller 112.000 Abtreibungen im vergangenen Jahr wurden auf Basis der dritten, eher schwammig gefassten Indikation und damit auf einer rechtlich unsicheren Grundlage vorgenommen.

Mit der Reform will die sozialistische Regierung von Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero Rechtssicherheit schaffen. "Niemand ist für Abtreibungen, aber Frauen, die die schwere Entscheidung eines Schwangerschaftsabbruchs getroffen haben, dürfen nicht obendrein mit Haft bestraft werden", verteidigt Fraktionschef Jose Antonio Alonso die Initiative. Dagegen Soraya Saenz de Santamaria von der oppositionellen konservativen Volkspartei (PP): "Damit wird jungen Leuten nur der falsche Eindruck vermittelt, Abtreibung wäre eine Form der Empfängnisverhütung." 2005 nahmen die Parteispitzen der Konservativen noch an den Protestmärschen gegen die Einführung der sogenannten Homo-Ehe teil.

Diesmal werden - vielleicht mit Blick auf die große Akzeptanz auch konservativer Wähler für die Lockerung einer der europaweit striktesten Abtreibungsgesetze - keine wichtigen Parteipolitiker am "Marsch für das Leben" teilnehmen. Auch das katholische Familienforum hat seine Teilnahme abgesagt.

Auch die katolische Gemeinschaft ist gespalten
Wie sehr die Debatte um die Lockerung nicht nur die spanische Gesellschaft, sondern auch die katholische Gemeinschaft spaltet, zeigt sich auch in den Vorbereitungen der Karwoche. Landesweit haben sich Hunderte "Cofradias", religiöse Bruderschaften, deren Mitglieder die berühmten spanischen Osterprozessionen organisieren, mit dem Protest der Bischofskonferenz solidarisch erklärt.

So wird im Mittelpunkt einiger der berühmtesten Prozessionen, etwa in Valladolid, Malaga, Huelva, Madrid, Granada und Almeria, der Protest gegen die Gesetzesreform stehen. Doch nicht alle "Cofradias" konnten sich dazu entscheiden, während der Prozession ein weißes Band als Zeichen der Solidarität zu tragen. Die größten Bruderschaften des Landes, die von Sevilla und Cordoba, schließen sich dem Protest nicht an.