Kardinal Cormac Murphy-O'Connor geht in Rente

Reformer, Ökumeniker, Werteverteidiger

Kardinal Cormac Murphy-O'Connor geht in Rente. Am Freitag ernannte Papst Benedikt XVI. den Erzbischof von Birmingham, Vincent Nichols, zu seinem Nachfolger auf dem Stuhl des Erzbischofs von Westminster. Die Suche hatte sich schwierig gestaltet, die englische Presse immer wieder über mögliche Kandidaten spekuliert.

Autor/in:
Gaby Mahlberg
Kardinal Cormac Murphy-O'Connor: War seit 2000 Primas der Katholiken in England und Wales (KNA)
Kardinal Cormac Murphy-O'Connor: War seit 2000 Primas der Katholiken in England und Wales / ( KNA )

Seinen Rücktritt hatte Murphy-O'Connor schon im vergangenen Jahr mit Erreichen der kirchlichen Altersgrenze kurz vor seinem 75. Geburtstag angeboten. Der Papst hatte ihn aber gebeten, "bis auf weiteres" im Amt zu bleiben. Der Erzbischof von Westminster ist zugleich immer auch Primas der Katholiken in England und Wales.

Murphy-O'Connor stand seit dem Jahr 2000 an der Spitze der Erzdiözese. Bei seiner Ernennung hatte er als Außenseiter - und wegen seines Alters als Übergangskandidat - gegolten. Schon damals war auch Nichols für den Posten im Gespräch. Nach dem Tod von Kardinal Basil Hume wurde der damalige Weihbischof zum Diözesan-Administrator berufen und führte fast ein Jahr lang die Geschäfte der Erzdiözese. Trotzdem fiel die Wahl auf Murphy-O'Connor, Nichols wurde Erzbischof von Birmingham.

Geboren 1932 als eines von fünf Kindern einer irischen Einwandererfamilie in Reading im Südwesten Englands studierte Murphy-O'Connor Philosophie und Theologie an der Päpstlichen Universität Gregoriana, bereitete sich am Englischen Kolleg in Rom auf das Priesteramt vor und wurde 1956 zum Priester geweiht. Er arbeitete zunächst als Seelsorger in England. Ab 1971 war Murphy-O'Connor als Rektor des Englischen Kollegs in Rom für die Ausbildung von Priesteramtskandidaten verantwortlich. 1977 wurde er zum Bischof der Diözese Arundel und Brighton geweiht.

Umstritten trotz steiler Karriere
Weltweit wurde Murphy-O'Connor durch seine Arbeit als Vizepräsident der Internationalen Anglikanisch-Katholischen Dialogkommission
(ARCIC) bekannt. Nach seiner Einsetzung als Erzbischof von Westminster im März 2000 wurde er traditionsgemäß auch zum Vorsitzenden der Bischofskonferenz von England und Wales gewählt und erhielt 2002 die Kardinalswürde. Von 2001 bis 2006 war Murphy-O'Connor zudem Vizepräsident des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE).

Trotz seiner steilen Karriere war sein Amtsantritt als katholischer Primas in England und Wales nicht unumstritten. Im Zuge der Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche um die Jahrtausendwende wurde Murphy-O'Connor vorgeworfen, in den 1980er Jahren einen pädophilen Priester in seiner ehemaligen Diözese geschützt zu haben. Der Kardinal wies die Vorwürfe stets zurück, räumte aber 2003 ein, den aktenkundigen Missbrauchsfall offenbar "vergessen" und nicht ordnungsgemäß weitergeleitet zu haben.
Murphy-O'Connor entschuldigte sich wiederholt für Versäumnisse bei der Behandlung von Missbrauchsfällen und setzte sich für deren Aufklärung ein.

Zu Beginn seiner Amtszeit galt Murphy-O'Connor als Reformer, der gar den Zölibat infrage stellte und Konvertiten der anglikanischen Kirche die Tür offen hielt. Im Januar 2002 hielt er eine Predigt für Königin Elizabeth II. - die erste eines katholischen Geistlichen für einen englischen Monarchen seit 1680. Gemeinsam mit dem Oberhaupt der anglikanischen Kirche von England, Rowan Williams von Canterbury, sprach er sich 2003 gegen den Irak-Krieg aus.

Engagiert im Kampf gegen Armut
Murphy-O'Connor engagiert sich besonders für die Bekämpfung der Armut und setzt sich stark für die Einbürgerung illegaler Migranten ein. Er plädierte immer wieder für deren Integration, stand einer multikulturellen Gesellschaft jedoch stets kritisch gegenüber.

In moralischen und ethischen Fragen zeigte sich der Kardinal stets bestimmt und verteidigte die Werte der katholischen Kirche gegen eine Liberalisierung der Gesellschaft. Er ist ein deutlicher Gegner von Empfängnisverhütung und Abtreibung und lehnt ein Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare ab. Auch gegen eine Novelle des britischen Embryonengesetzes, die etwa das Klonen von Mensch-Tier-Chimären zu Forschungszwecken erlaubt, protestierte der Kardinal jüngst deutlich. Im Zuge der Gesetzgebung plädierte Murphy-O'Connor gemeinsam mit dem Erzbischof von Cardiff, Peter Smith, wiederholt für die Schaffung einer nationalen Ethik-Kommission.