Prämonstratenser hauchen Kloster Roggenburg wieder Leben ein

Erweckt aus Dornröschenschlaf

Kinder toben auf dem Spielplatz, nebenan arbeiten rund hundert Schüler mit Malern und Musikern aus verschiedenen Ländern. Im Gasthof halten Damen ihren Kaffeeklatsch und in der Vinothek liegen 15.000 Flaschen Wein zum Verkauf bereit. Man mag es kaum glauben, aber die Szenerie spielt in Kloster Roggenburg bei Neu-Ulm.

Autor/in:
Barbara Schmickler
 (DR)

So viel Leben zog auf die Anlage aber erst vor einigen Jahren ein.
Dabei hat Roggenburg eine lange Tradition. Prämonstratenser Chorherren siedelten sich um 1126 auf dem Burgberg an, weihten ihre erste Kirche und errichteten später von hier aus Klöster in der Schweiz. 1802 stoppte die Säkularisation das aufstrebende Kloster. Der Konvent mit 36 Mitgliedern wurde aufgelöst.

Erst vor fast 30 Jahren war Schluss mit dem Dornröschenschlaf. Die niederbayerische Abtei Windberg schickte Ordensleute und hauchte dem Kloster neues Leben ein. "Seit 1992 sind wir nun ein Priorat, das selbstständig entscheiden kann", erklärt Pater Gilbert Kraus. Der Ökonom ist einer von zwölf hier lebenden Chorherren. Sie sehen sich anders als Mönche in der Tradition der Kleriker, wohnen im Kloster, halten ihre Chorgebete in der Kirche und arbeiten als Seelsorger in den umliegenden Gemeinden.

Ungewöhnlich junges Konvent
Probleme mit dem Nachwuchs gibt es in dem ungewöhnlich jungen Konvent mit einem Durchschnittsalter von 40 Jahren nicht: "Wir sind eine attraktive Alternative zum Weltpriester. Wir leben in Gemeinschaft und sind Seelsorger", sagt Pater Gilbert. In einer global bewegten Welt sei eine Heimat wichtig. Inzwischen ist das Kloster zu einem festen Faktor in der Region geworden. Die Ordensleute möchten da sein für die Menschen, und das sind sie auch. Verbinden sich doch in Roggenburg Gemeindeleben und kulturelle Angebote auf sehr lebendige Art.

Dabei sah die Zukunft anfangs nicht rosig aus. Geplant war ursprünglich, ein diözesanes Bildungszentrum auf der Klosteranlage zu errichten. Doch 1996 brach der Haushalt des Bistums Augsburg ein, auf dessen Gebiet Roggenburg liegt, und der Geldhahn wurde zugedreht. Gemeinsam mit der Bundesstiftung Umwelt und dem Freistaat Bayern wollten die Chorherren die Idee dennoch umsetzen und schafften es. Auf dem sechs Hektar großen Areal wurde 2001 in der ehemaligen Klosterbrauerei das Zentrum für Kunst und Kultur eröffnet. Im Jahr darauf folgte das Bildungszentrum mit Schwerpunkt auf Familie und Umwelt sowie der Gasthof.

"Roggenburger Sommer"
Heute erreicht das Bildungshaus, in dem 130 Betten zur Verfügung stehen, mit seinen Angeboten an die 60.000 Menschen pro Jahr. In Kooperation mit kommunalen, gesellschaftlichen und kirchlichen Kräften gibt es Umwelt-Projekte, Familienferien, Klassenfahrten und Fortbildungen. Eine Berufsschule pflegt die Gärten, Firmen schulen ihre Führungskräfte in den Tagungsräumen. Die Vinothek bietet zudem Weine aus klösterlichem Anbau.

Auf extra angelegten Wiesen finden Open Air-Veranstaltungen statt.  Der "Roggenburger Sommer" lädt zu Orgelkonzerten und Ausstellungen ein. Jedes Jahr gibt es für 100 Schüler aus Bayern eine Ferienakademie mit Künstlern. In Workshops wird gemalt, Holz bearbeitet, getanzt oder gesungen. Präsentiert werden die Ergebnisse später unter anderem im Kultusministerium.

Investieren mussten die Chorherren in ihre Anlage, die sich selbst finanzieren muss. Pater Gilbert weiß als Ökonom nur zu gut, wie wichtig es ist, mit Ressourcen sinnvoll umzugehen. Deshalb sind er und seine Mitbrüder bescheiden, verzichten bisher sogar auf eine Zentralheizung. Doch auch ihre Räume werden in Kürze saniert.

Auf der Klosteranlage befinden sich zudem die Feuerwehr, die Gemeindeverwaltung, eine kleine Grundschule, die Kloster- und Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt sowie ein Klostermuseum. "Dadurch wird die klösterliche Ruhe aber nicht gestört", so Pater Gilbert, Die Kirche brauche offene Orte, um Menschen zu erreichen.