"Für meinen Mann und mich war es erstaunlich, jetzt plötzlich von einem Grab meines Vaters zu erfahren", erzählt Richilde Grimm aus Bischofswiesen. Ihr Vater, Paul Koller, starb 1945 in einem Lazarett in Hamm. "Geld für eine Überführung des Leichnams war damals nicht aufzubringen", berichtet die Tochter. Bis vor kurzem wähnte ihn die Familie in einem Massengrab in der westfälischen Stadt. Doch dank der Arbeit des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge (VDK) ermittelte man nun doch ein Einzelgrab auf dem katholischen Ostenfriedhof.
Auf vielen Friedhöfen bundesweit finden sich verstreut noch immer zahlreiche Kriegsgräber. Der Volksbund kümmert sich seit Jahren in Zusammenarbeit mit den Kommunen um diese einzelnen Grabstätten und arbeitet darauf hin, sie an einem gemeinsamen Ruheort umzubetten. Dies geschieht, um die Grabpflege zu erleichtern und um an das gemeinsame Schicksal der Verstorbenen zu erinnern. Auch in Hamm wurde jetzt ein solches Gemeinschaftsgrab angelegt.
Markus Klüppel, Landschaftsarchitekt bei der Stadt, recherchierte im Vorfeld der Einrichtung nach möglichen noch lebenden Verwandten, um das Einverständnis für die Umbettung der einzelnen Verstorbenen einzuholen - und arbeitete dabei zugleich ein Stück der Familiengeschichte von Richilde Grimm aus Bischofswiesen in Oberbayern auf.
"Für meine Mutter war damals eine Welt zusammengebrochen, nachdem sie im Jahre 1943 bereits ihren Sohn Paul durch den Krieg verloren hatte", berichtet sie. Doch eine Überführung des Leichnams in die Heimat kam aus finanziellen Gründen nicht infrage. So gab es nur die Möglichkeit, die Namen der verstorbenen Angehörigen an der Gedenktafel der heimischen Grabstätte anbringen zu lassen. Nach dem Kontakt mit Markus Klüppel weiß Richilde Grimm, dass ihr Vater gar nicht in einem Massengrab beigesetzt worden war.
Am Ende steht oft die Frage: Gibt es ein Grab?
Kein Einzelfall. Auch nach über 60 Jahren klärt sich das Schicksal mancher Kriegsopfer noch auf. Nach VDK-Schätzungen gibt es in Nordrhein-Westfalen rund 400.000 Menschen, die ihre Väter wegen des Krieges nicht oder kaum gekannt haben und sich fragen, ob er als Soldat fiel, als Verwundeter im Lazarett verstarb, Opfer der Gewaltherrschaft wurde oder im Bombenhagel umkam. Am Ende steht dann oft die Frage: Gibt es ein Grab?
Mehr als 1,8 Millionen deutsche und ausländische Kriegstote des Ersten und Zweiten Weltkriegs ruhen allein auf Friedhöfen in Deutschland. In 7.600 Städten und Gemeinden gibt es über 12.000 Kriegsgräberstätten, Gräberfelder und Einzelgräber, auf denen Opfer des Krieges und der Gewaltherrschaft bestattet sind. Die Gestaltung, der Bau, die Pflege und Unterhaltung von Kriegsgräberstätten ist in Deutschland unter anderem im Gräbergesetz festgelegt. Die einzelnen Länder delegieren die Aufgaben zur Pflege und Instandsetzung der Kriegsgräber an die entsprechenden Friedhofsträger vor Ort.
Die Einsegnung der Gemeinschaftsgrabstätte auf dem Ostenfriedhof in Hamm, in der nun Richilde Grimms Vater mit acht weiteren Kriegsopfern ruht, fand im Rahmen einer Andacht statt. Wolfgang Held von der VDK-Landesgeschäftsstelle betonte: "Es gibt Tausende von Kriegsopfern, aber wenn sie Namen erhalten, sind sie ganz individuelle Schicksale und werden aus dem Vergessen herausgeholt."
Wie sich nach Jahren das Schicksal von Kriegsopfern aufklärt
Plötzlich gibt es doch eine Grabstätte
Auf vielen Friedhöfen bundesweit finden sich verstreut noch immer zahlreiche Kriegsgräber. Der Volksbund kümmert sich seit Jahren in Zusammenarbeit mit den Kommunen um diese einzelnen Grabstätten und arbeitet darauf hin, sie an einem gemeinsamen Ruheort umzubetten.
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