Kirche in Israel hofft auf Abkommen zu Wirtschaftsfragen

Leben im juristischen Schwebezustand

Diese Woche schaffte ein Fall aus den Grauzonen des israelischen Rechtswesens den Weg in die internationalen Medien: Der Besitz eines nicht näher benannten kirchlichen Hauses wurde beschlagnahmt, weil keine Steuern gezahlt worden waren. Nach Intervention des Vatikan-Vertreters schaltete sich jedoch das israelische Außenministerium ein und pfiff den übereifrigen Beamten zurück.

Autor/in:
Gabi Fröhlich
 (DR)

Schließlich gibt es auch nach jahrelangen Verhandlungen zwischen Israel und Heiligem Stuhl bislang keine Übereinkunft zur Frage der Steuerpflichtigkeit kirchlicher Einrichtungen im Land.

"Solche Fälle kommen hier immer wieder vor", erklärt Pietro Felet, Sekretär der Bischofskonferenz im Heiligen Land. Monatelang eingefrorene Konten katholischer Schulen etwa seien keine Seltenheit. Die kirchlichen Häuser haben für solche Fälle klare Weisung: Nichts zahlen - die Beschwerde geht über die Nuntiatur an die zuständigen Regierungsstellen, auf deren Anweisung die Konten irgendwann wieder freigegeben werden.

Symptomatisch für die ungeklärten Verhältnisse
Das Hin und Her ist symptomatisch für die ungeklärten Verhältnisse der Kirche in Israel und den von Israel kontrollierten Gebieten. Bei der Staatsgründung 1948 hatte Israel zunächst die entsprechenden Regelungen aus der britischen Mandatszeit übernommen, die nach alter Tradition die Kirche von jeglichen Steuerzahlungen befreiten. Als 1993 schließlich ein - bis heute von Israel nicht ratifizierter - Grundlagenvertrag unterzeichnet wurde, ließ man darin die Steuerfrage offen und wies die Klärung einer eigenen Kommission zu.

Seitdem wird verhandelt. Während die Kirche auf ihre lange Tradition in der Region sowie die seelsorgliche, soziale und kulturelle Bedeutung ihres überwiegend nicht-lukrativen Wirkens verweist, fürchtet Israel bei Zugeständnissen eine Präzedenzfall-Wirkung auf andere Religionsgemeinschaften - und pocht auf die Verantwortungen in einem modernen Staatswesen. Mancher israelische Kritiker der kirchlichen Steuerbefreiung fordert gar, Steuernachforderungen bis
1948 einzuholen, was Zahlungen in mehrstelliger Millionenhöhe bedeuten würde. "Dann könnten wir hier alles dicht machen", meint Pater Felet.

Für die kirchlichen Einrichtungen ist die ungewisse Lage mehr als misslich, zumal sich Steuerbescheide und Warnungen bei ihnen stapeln. 2002 hat das israelische Parlament im Alleingang ein Gesetz verabschiedet, nach dem kirchlicher Besitz mit Grundsteuer belegt wird - und zwar mit 33 Prozent des Normaltarifs. Trotz kirchlicher Proteste mit Hinweis auf die laufenden Verhandlungen berufen sich Verwaltungsbeamte immer wieder auf diesen Gesetzestext. In Kirchenkreisen mutmaßt man, dass auf israelischer Seite versucht werde, Fakten zu schaffen, um ein endgültiges Abkommen nach eigenen Vorstellungen zu beeinflussen.

"Dieser dauernde Schwebezustand ist einfach lähmend"
Der päpstliche Nuntius Antonio Franco bereitet die kirchlichen Gemeinschaften unterdessen auf gewisse Kompromisse vor: Dass Heiligtümer sowie Schulen und Sozialeinrichtungen, die ja zum Teil vom Staat bezuschusst werden, auch weiter steuerfrei bleiben, scheint mittlerweile klar. Bei hotelähnlichen Pilgerhäusern oder anderen reinen Wirtschaftsbetrieben hingegen werden die Verantwortlichen wohl in den sauren Apfel einer regulären Besteuerung beißen müssen. Andere Punkte, etwa die Besteuerung des Grundbesitzes, sind noch strittig.

Wann das Abkommen unterschriftsreif sein wird, steht in den Sternen
- zumal darin auch andere komplizierte Fragen zum Kirchenbesitz geklärt werden sollen. "Wir hoffen, so bald wie möglich Rechtssicherheit zu bekommen", sagt Franziskanerkustos Pierbattista Pizzaballa entnervt: "Dieser dauernde Schwebezustand ist einfach lähmend." Dennoch wollen die kirchlichen Verhandlungspartner nichts überstürzen: "Wir brauchen eine dauerhafte Lösung, die nicht wieder von der nächsten Regierung über Bord geworfen werden kann", betont Felet. Die Kirche werde sich keinesfalls auf Kompromisse einlassen, die ihre Präsenz in der Heimat Jesu unterminieren könnte.