Renovierte Barockkirche als 24-Stunden-Anlaufstelle in Sao Paulo

Kirche der Armen

Der Name lässt es nicht unbedingt vermuten, doch die "Nossa Senhora da Boa Morte" ("Unsere Frau vom schönen Tod") in Sao Paulo dient dem Leben. Als erste Kirche der brasilianischen Millionenmetropole öffnet sie 24 Stunden am Tag und 7 Tage die Woche.

Autor/in:
Thomas Milz
 (DR)

Sie soll als Anlaufstelle für Obdachlose, Drogenabhängige und sonstige Menschen in Not täglich und rund um die Uhr offen sein. Insgesamt 15 Padres der kirchlichen Bewegung "Alianca de Misericordia" ("Bund der Barmherzigkeit") übernehmen die Betreuung der Hilfesuchenden. Am Wochenende eröffnete Sao Paulos Erzbischof Odilo Scherer das Gotteshaus nach dreijähriger Renovierung.

Die 1810 erbaute Kirche ist eines der wenigen verbliebenen Zeugnisse kolonialer Architektur, die der hektischen Expansion des Stadtzentrums seit den 1930er Jahren standgehalten haben. In der kleinen Seitenstraße Rua do Carmo gut 500 Meter von der Kathedrale Se entfernt, repräsentiert die "Nossa Senhora da Boa Morte" den "Barroco Paulista", eine für Sao Paulo typische schlichte Form des Barock.

Vor sieben Jahren musste die Kirche wegen schwerer baulicher Mängel geschlossen werden. Große Teile des hölzernen Dachstuhls waren von Termiten zerfressen; die Wände drohten wegen Wasserschäden einzustürzen. Für die Renovierung wurden umgerechnet rund 2,3 Millionen Euro benötigt. Das Geld konnte dank einer gemeinsamen Initiative der Landesregierung und einiger Privatunternehmen aufgebracht werden.

Eng mit der Geschichte der Stadt verbunden
Der Name der Kirche - "Unsere Frau vom schönen Tod" - ist eng mit der Geschichte der Stadt verbunden. Zum Tod durch Erhängen Verurteilte wurden vor der Vollstreckung traditionell in die Kirche geführt, um für einen schönen Tod zu bitten. "Dieses Gotteshaus hat eine große Bedeutung, sowohl historisch wie auch kulturell und religiös", so der Erzbischof bei der Wiedereröffnung. "Aber es ist kein Museum, sondern eine lebendige Kirche" - und das 24 Stunden täglich.

Sao Paulo, so Scherer, sei eine Stadt, die niemals ruhe. "Deshalb brauchen wir auch nachts religiöse Räume, in denen Menschen Aufnahme finden können." Schätzungen der Stadtregierung zufolge leben zwischen in Sao Paulo 12.000 und 15.000 Menschen auf der Straße, davon etwa 4.000 im Zentrum der 11-Millionen-Metropole.

"Hier im Stadtzentrum trifft man alles an - von Drogenabhängigen, Prostituierten, verzweifelten und verirrten Menschen, Obdachlosen bis hin zu Menschen, die einfach einsam sind und die Gemeinschaft suchen", sagt Padre Julio Lancelotti, Koordinator der Obdachlosenseelsorge in Sao Paulo. "Diese Menschen brauchen jemanden, der ihnen zuhört, der sie anschaut - und der Zeit für sie hat." Eine 24 Stunden geöffnete Kirche bedeute eine menschlichere, sensiblere Kirche, die denen näher sei, die leiden.

"Für uns ist diese Kirche ein Wunder"
Für die Betreuung der Hilfesuchenden stehen die Priester vom "Bund der Barmherzigkeit" bereit, einer vor zehn Jahren in Sao Paulo gegründeten kirchlichen Bewegung. Neben sozialer und religiöser Arbeit in den Straßen der Stadt unterhält sie auch zwei Obdachlosenheime und eine Anlaufstelle für Drogenabhängige, erklärt Bruder Gabriel Maria.

Er erwartet einen "wahren Ansturm" auf die Kirche - und ist sich zugleich der begrenzten Kapazitäten bewusst. "Unsere Kirche ist klein, aber wir werden niemanden abweisen." Das Geld für die Restaurierung, ist sich Bruder Gabriel sicher, sei auf jeden Fall gut angelegt. "Für uns ist diese Kirche ein Wunder. Nach sieben Jahren öffnet sie wieder ihre Türen, und das Volk und besonders die Armen