Der heilige Pfarrer von Ars zieht Hunderttausende an

Wallfahrtsort in Seenlandschaft

Lyon ist die Großstadt, die Metropole mit Sehenswürdigkeiten, U-Bahn, Vorstadt-Unruhen und einem Flughafenbahnhof von Santiago Calatrava, wem sonst.

Autor/in:
Christoph Lennert
 (DR)

Die Dombes, keine 40 Kilometer weiter nördlich, das ist eine Seenlandschaft wie aus dem Bilderbuch, mit Hunderten von Tümpeln, Teichen und Wasserflächen. Beschaulich wirkt das Land, beachtlich ist die Zahl der hier zu beobachtenden Vogelarten. Wasser prägt auch die Speisekarten: Eine Paste aus geräuchertem Karpfen als Brotaufstrich kommt als Spezialität auf den Tisch, Froschschenkel sind ein anderes Gericht, für das die Region berühmt ist.

Mächtige Burgen, himmelwärts ragende Kathedralen und verspielte Schlösser sucht man hier vergebens. Und doch ragt ein Dorf heraus. Ars-sur-Formans, die Gemeinde des heiligen Pfarrers von Ars. Die Kommune wird jährlich von rund 450.000 Besuchern angesteuert. Ein ungeheurer Strom angesichts der nur 1.200 Einwohner. Das von Papst Benedikt XVI. jüngst ausgerufene weltweite Priesterjahr, das katholische Geistliche an die Tugenden ihres Berufsstandes erinnern soll, wird ihre Zahl wohl noch erhöhen. Anlass des Priesterjahres ist das 150. Todesjahr des heiligen Pfarrers von Ars, Jean-Baptiste Marie Vianney (1786-1859).

Weit über die Grenzen seiner Gemeinde hinaus bekannt
Und dieser Pfarrer von Ars, 1925 heiliggesprochen, wirkte hier: Er erwarb sich im 19. Jahrhundert einen Ruf als Prediger und Beichtvater, der ihn weit über die Grenzen seiner Gemeinde hinaus bekannt machte. Sein bescheidenes Pfarrhaus blieb im Originalzustand erhalten und zieht wie die von ihm bereits geplante und später weiter vergrößerte Basilika die Massen an.

Das Gotteshaus, ein im wesentlichen in drei Bauetappen entstandenes Gebäude, strahlt und glänzt vor allem innen. Erhalten ist die Kirche, in der der Pfarrer von Ars von der Kanzel predigte, der Beichtstuhl, in dem er bis zu 14 Stunden jeden Tages verbracht haben soll. Die Kirche blieb, wie er sie verlassen hat - größer allerdings, als er selbst sie antraf, denn aus dem einschiffigen, kleinen Gebäude ließ Vianney selbst schon eine immer noch bescheidene dreischiffige Kirche errichten.

Die Pracht der Basilika
Großartig dagegen die Pracht der Basilika, die von außen an Sacre-Coeur in Paris erinnert und von innen den immensen Farbenreichtum eines ganz eigenen Dekorationsstils entdecken lässt.

Als ob jeder Quadratzentimeter Wandfläche den höheren Ruhm Gottes verkünden wolle, sind Malereien, Mosaike, Goldlasuren und Reliefs zu sehen, Skulpturen und Fenster folgen dem ganz ungewöhnlichen Bildprogramm. Und zwischen der Basilika und der alten Kirche ruht in einem Verbindungsstück das Ziel vieler Wallfahrer, der unverweste Leichnam des Pfarrers von Ars in seinem gläsernen Schrein. Um die Farbenpracht der Kirche nicht zu gefährden, ist nahebei eine eigene Kapelle errichtet worden, wo Kerzen vor einer Statue Vianneys angezündet werden können.

Auf dem Weg nach Lourdes oder zu anderen Marienwallfahrtsorten
Ein Pfarrer wie Vianney, der gegen Tanzveranstaltungen der Dorfjugend einschritt, zieht nicht von selbst die Jugend an. Anders als etwa der Jakobsweg liegt Ars-sur-Formans nicht im Trend der spirituellen Sinnsucher. Die Verantwortlichen der Wallfahrtsstätte räumen offen ein, dass vor allem Senioren und Gruppenreisende aus Pfarreien den kleinen Ort besuchen. Eine unterirdische Kirche mit 2.300 Plätzen aus den 60er Jahren bietet ihnen Raum zu Gebet und Gottesdienstfeier. Unweit davon setzt ein Wachsfigurenmuseum Szenen aus dem Leben des heiligen Pfarrers in Szene.

Viele der Pilger bleiben nicht lang. Etliche sind auf dem Weg weiter, etwa nach Lourdes oder zu anderen Marienwallfahrtsorten in Frankreich. Der Abstecher dauert deshalb oft nur einige Stunden. Die örtliche Wirtschaft profitiert kaum von den Wallfahrern. Einen Andenkenladen der Kirche gibt es. Doch schon die Dorf-Bar wirkt nicht, als lebe sie von der Laufkundschaft der Pilgerströme. Und doch: drei Restaurants, einen Bäcker, einen Metzger und eine Apotheke hat Ars - viel für eine kleine Gemeinde in Frankreich.