Die Tafeln in NRW stoßen an die Grenzen der Belastungsfähigkeit

Im Zeichen der Krise

Wenn die Tafeln öffnen, stehen bedürftige Menschen bereits Schlange. Bundesweit verzeichnen die Ausgabestellen eine stetig wachsende Zahl von Menschen, die auf Lebensmittelspenden angewiesen sind. Angesichts der Wirtschaftskrise rechnen die Tafeln sogar mit einer noch größeren Nachfrage. Ein Blick auf die Tafeln in NRW.

 (DR)

«Die Schlange des Hungers ist lang, und an jedem Ausgabetag wird sie um viele Menschen länger», sagt Vera Köhler von der Tafel Köln. 60 Ehrenamtler verteilen dort derzeit mehr als 720 Tonnen Lebensmittel pro Jahr.

Die Sprecherin des Bundesverbandes Deutsche Tafel, Anke Assig, bestätigt, dass viele der Tafeln in den alten und neuen Bundesländern inzwischen an der Belastungsgrenze arbeiten. «Der Zustrom und die Nachfrage der Bedürftigen hält unvermindert an», sagt Assig.

Bundesweit seien seit 2007 mindestens 200 neue Tafeln hinzugekommen. Mittlerweile arbeiteten 40.000 Ehrenamtler bei den insgesamt rund 800 Tafeln. Sie helfen mit bei Besorgung, Transport und Ausgabe der Lebensmittel und sorgen auch - wenn die Zeit reicht - für den persönlichen Kontakt zu den Bedürftigen und den Spendern.

Die Tafel in Düsseldorf sieht «die Grenze der Belastungsfähigkeit» wegen des großen Ansturms der Bedürftigen bereits erreicht, wie Mitarbeiterin Heike Vongehr erzählt. Tafeln im ländlichen Raum stellen den gleichen Trend fest. So versorgt die Tafel im Eifelstädtchen Daun, die vor zwei Jahren mit knapp 100 Berechtigtenscheinen startete, nach eigenen Angaben inzwischen mehr als 500 Familien.

Steigenden Bedarf sieht auch die Tafel in der Ruhrmetropole Essen. Antje Peters vom Vorstand der dortigen Tafel berichtet von immer mehr jungen Paaren, Müttern mit Kindern, Alleinstehenden, Rentner-Ehepaaren und arbeitslosen Akademikern, die in Essen nach Lebensmitteln anstehen. Die Bedürftigen dort müssen den Hartz-IV-Bezug oder die Grundsicherung nachweisen. Weil die Kapazitätsgrenzen bereits überschritten sind, hat die Tafel in Essen zunächst bis in den September hinein die Ausgabe neuer Bezugsscheine gestoppt.

Ein befürchteter Einbruch bei den Lebensmittelspenden wegen der Wirtschaftskrise ist laut Bundesverband-Sprecherin Assig bislang ausgeblieben: «Wir haben im Moment bei den allermeisten Einrichtungen in Deutschland noch ausreichend Lebensmittelspenden.»

Die meisten Tafeln haben zurzeit auch noch genügend ehrenamtliche Helfer. Nur selten, wie in Gladbeck, herrscht Mangel. Dort muss die Tafel deshalb zum Monatsende schließen. Nach Meinung von Tafel-Chef Alfred Müller bleiben die Helfer auch deshalb fern, weil die Tafeln immer häufiger angefeindet würden: «Bei mir rufen immer Bürger an, die sich beschweren und fragen: Sind die denn wirklich alle bedürftig? Warum kommen die mit ihren dicken Autos vorgefahren? Warum rauchen die so viele Zigaretten?»