Erste Noten des Pflege-TÜV sorgen für Kritik und Zweifel

"Weichgespült und geschönt"

Nach den ersten Ergebnissen des sogenannten Pflege-TÜV gibt es Kritik an der Bewertung von Pflegeheimen und ambulanten Pflegediensten. Die Deutsche Hospiz Stiftung nannte am Donnerstag die im Internet veröffentlichten Bewertungen "weichgespült und geschönt". Die Initiative "Daheim statt Heim" zog die Glaubwürdigkeit des Pflege-TÜV in Zweifel. Die Linkspartei warnte, unzureichende Pflegenoten verunsicherten Betroffene.

Pflegeheim: Gute Noten für Fürsorge? (epd)
Pflegeheim: Gute Noten für Fürsorge? / ( epd )

Der Anfang 2009 gestartete Pflege-TÜV soll bis Ende 2010 allen Pflegeheimen und -diensten ein im Internet einsehbares Zeugnis ausstellen. Grundlage sind die Qualitätsprüfungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Er soll jede der insgesamt etwa 12.000 ambulanten und 10.000 stationären Einrichtungen einmal im Jahr prüfen und Transparenzberichte mit Noten erstellen. Dabei geht es um 82 Einzelnoten bei Pflegeheimen sowie 49 Qualitätskriterien bei ambulanten Pflegediensten. Diese Unterscheidung sorgt nun für Kritik.

Am Mittwoch hatte der Verband der Ersatzkassen (VDEK) ein Fazit der erste Pflegenoten veröffentlicht. Demnach liegen bei den Kassen derzeit Bewertungen von 1.956 Pflegeheimen vor. Lediglich 20 davon seien im Internet zugänglich. Dabei erreichten die bisher geprüften Einrichtungen laut VDEK im Durchschnitt die Note 2,2. In 4,8 Prozent der Pflegeheime sei die Qualität der Leistungen nur ausreichend bis mangelhaft.

Der Geschäftsführende Vorstand der Hospiz Stiftung, Eugen Brysch, sagte, Transparenz in der Pflege werde durch die Benotungen «wenn überhaupt nur bedingt erreicht». Er kritisierte die Einbeziehung von «Kuschelkriterien» und «Weichspülkriterien» bei der Beurteilung von Pflegeinrichtungen. Sie führe mit dazu, dass ambulante Dienste im Schnitt schlechter abschnitten als Heime. Als alarmierend bezeichnete Brysch, dass rund fünf Prozent der Heime eine schlechte Gesamtnote bekommen hätten. Das bedeute, dass täglich 40.000 Menschen in ihren grundlegenden Rechten verletzt würden.

Die Initiative «Daheim statt Heim» wies die Bewertung des Verbands der Ersatzkassen (VDEK) zurück. Dessen Behauptung, die Pflege in Deutschland sei gut aufgestellt, mute «angesichts der bekannten Missstände in vielen Pflegeheimen sarkastisch an», sagte die Vorsitzende Silvia Schmidt. Nach ihrer Einschätzung wird der Pflege-TÜV als Instrument der Qualitätssicherung dazu missbraucht, mangelhafte und schlechte Pflege zu verdecken.

Die Pflegexpertin der Linksfraktion im Bundestag, Kathrin Senger-Schäfer, sprach sich angesichts von eventuellen Mängeln bei der Erfassung der Pflegenoten für einen Stopp der Veröffentlichung auf. Es gehe darum, das Instrument der Erfassung zu überarbeiten. Betroffene und Angehörige bräuchten ein verlässliches und transparentes System. Nach Veröffentlichung der VDEK-Zahlen hatte der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste erhöhte Transparenz in der Pflege begrüßt, zugleich aber Verbraucher zur genauen Betrachtung der Ergebnisse aufgefordert.

Rheinland-Pfalz hatte die Pflegekassen zu Wochenbeginn gebeten, die Noten für die stationäre und ambulante Pflege vorerst nicht zu veröffentlichen. Hintergrund ist der Einwand, dass die unterschiedliche Bewertung für ambulante und stationäre Pflege im Verhältnis bessere Noten für stationäre Einrichtungen mit sich bringe.