Die CDU, das "C" und die Kirchen - Käßmann und Zollitsch heute zu Gast bei der Union

Vieles zu besprechen

Es wird ein langer Abend. Am Donnerstagabend kommen geistliche Gäste zur Klausur des CDU-Parteivorstands ins Berliner Konrad-Adenauer-Haus. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, und die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann, sind zum Meinungsaustausch mit der Parteiführung und Chefin Angela Merkel geladen.

Autor/in:
Christoph Strack
In vielen, aber nicht allen Dingen einig: Margot Käßmann und Erzbischof Zollitsch (KNA)
In vielen, aber nicht allen Dingen einig: Margot Käßmann und Erzbischof Zollitsch / ( KNA )

Gerade katholische Kirchenvertreter schauen auf diesen Abend mit Erwartung. Zuletzt dominierte zwar Käßmann mit ihrer Grundsatzkritik am militärischen Engagement in Afghanistan die Meldungslage zwischen Kirche und Politik. Doch war die Bischöfin bereits am Montag beim Verteidigungsminister; am Mittwochabend stand ihr lange vereinbarter, gut einstündiger Antrittsbesuch bei Merkel im Kanzleramt an.

Länger und tiefer währt bereits die Eintrübung zwischen der katholischen Kirche und der CDU. Sie wird im Grunde von niemandem geleugnet - Unterschiede gibt es lediglich bei der Beschreibung der Ausmaße oder der Schuldzuweisung. Zuletzt nannte der Münchener Erzbischof Reinhard Marx das CDU-Grundsatzprogramm «zu wolkig», Merkels Vize an der Parteispitze, die rheinische Katholikin Annette Schavan, konterte: «Es wäre schön, mancher Bischof würde auch einmal Positives hervorheben.»

In zuverlässiger Regelmäßigkeit belegten 2009 die Wahlanalysen, die die Konrad-Adenauer-Stiftung liefert, dass die CDU bei Katholiken überdurchschnittlich verlor. Im Bund und in den Ländern, auch bei der Europawahl. So nahm der engagierte Protestant Gröhe, der im Oktober aus dem Kanzleramt an die Spitze des Parteiapparats wechselte, frühzeitig Kontakt zu den kirchlichen Repräsentanten auf. Bereits sein erster formeller Antrittsbesuch überhaupt galt im Dezember Erzbischof Zollitsch.

Schon seit vielen Jahren haben Vertreter der Kirchen, nicht nur Kölns Kardinal Joachim Meisner, Fragen zur Bedeutung des «C» im Namen der Partei formuliert. Mal bot die Schwangeren-Konfliktberatung dazu den Anlass, mal die Abkehr der CDU vom überkommenen Ehe- und Familienverständnis. Inhaltlich zündete die jüngere Kritik an der Grundausrichtung der CDU aber vor allem in zwei Stufen: Da war zum einen die liberalere Positionierung der CDU in der Stammzellforschung, die die Vorsitzende Merkel beim Parteitag 2007 in Hannover durchsetzte. Das bleibt hängen, auch wenn Schavan als Fachministerin immer wieder betont, Deutschland habe international den strengsten Embryonenschutz.

Noch gravierender war die diplomatisch ungewöhnliche Art, mit der sich die Regierungschefin in der sogenannten Williamson-Affäre zu Wort meldete. Ihre Forderung, Papst Benedikt XVI. müsse in der Debatte um die Piusbruderschaft klarstellen, dass es keine Leugnung des Holocaust geben dürfe, kam nicht gut an bei Kirchenleuten, die doch selber von der Affäre um den Traditionalistenbischof gebeutelt wurden. Merkel - die ostdeutsche Pfarrerstochter - tat hernach viel zur Schadensbegrenzung, trat in Katholischen Akademien und bei kirchlichen Verbänden auf, sprach auch mit Bischöfen. Doch die Vertrautheit ist weg. Zuletzt sorgte Mitte November die Gründung eines «Arbeitskreises Engagierter Katholiken» (AEK), die am Apparat vorbei geschah, dafür, dass der Stachel im Fleisch der Partei zu spüren bleibt.

Dabei ist das schwierige Verhältnis zwischen Kirche und CDU nicht die einzige Veränderung: Innerhalb der CDU rumort es nicht nur bei Katholiken, sondern auch bei den Landesfürsten, den Mittelständlern oder beim Arbeitnehmerflügel, die Aufzählung ließe sich fortsetzen. Auch auf katholischer Seite gibt es weitere Herausforderungen: Strukturprobleme, Spannungen in der Seelsorge, finanzielle und rechtliche Fragen. Auf beiden Seiten häufen sich die Probleme.
Zumindest das verbindet sie derzeit.