Streit um Kreuze im neuen Düsseldorfer Justizgebäude

Künftig ohne?

In Düsseldorf ist ein heftiger Streit über einen Verzicht auf Kreuze im neuen Amts- und Landgerichtsgebäude entbrannt. Der Landgerichtspräsident beruft sich auf das Kruzifix-Urteil und will die Kreuze verbannen. Die beiden Kirchen protestieren auf das Entschiedenste.

 (DR)

Der Kölner Generalvikar Dominik Schwaderlapp wandte sich am Mittwoch gegen die Entscheidung der Gerichtspräsidenten, in dem neuen Justizgebäude nicht mehr die Kreuze aus den alten Sälen anzubringen. Unterdessen forderte die nordrhein-westfälische Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) die Verantwortlichen auf, ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken. Es sei aber nicht Aufgabe der Justizministerin, «in das Hausrecht der Gerichtspräsidenten einzugreifen» und auf die Anbringung von Kreuzen in Gerichtssälen politisch Einfluss zu nehmen.

Schwaderlapp verwies darauf, dass die deutsche Rechtsordnung auf dem christlichen Menschenbild beruhe. «Wer die Kreuze aus unseren Gerichtssälen entfernt, der trennt demonstrativ unsere Rechtsordnung von ihren Wurzeln», so der Generalvikar. Die unantastbare Würde des Menschen sei kein Zugeständnis des Staates, sondern Geschenk Gottes.

Präses Schneider irritiert
Er sei «irritiert» über die Entscheidung des Gerichtspräsidenten und bedauere sie, erklärte der rheinische Präses Nikolaus Schneider. «Das Kreuz im Gerichtssaal ist ein Zeichen dafür, dass menschliche Gerechtigkeit zum Segen wird, indem sie in einen großen Raum einbezogen ist.» Natürlich legitimiere sich das Gericht nicht aus göttlicher Ordnung, sondern aus dem demokratischen Rechtsstaat. «Aber auch dieser Rechtsstaat lebt am Ende von Voraussetzungen, die er selbst nicht schaffen kann», sagte Schneider, der auch stellvertretender Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland ist. Schon 2006 hatte sich Schneider gegen eine ähnliche Entscheidung in Trier gewandt, als nach einer Renovierung die Kreuze im Justizgebäude nicht wieder angebracht wurden.

Landgerichtspräsident Heiner Blaesing berief sich gegenüber der «Rheinischen Post» (Mittwoch) auf das sogenannte Kruzifix-Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Danach müssten Kreuze in Gerichtsälen abgehängt werden, wenn Angeklagte sich daran stoßen. Dieses Hin und Her von Abhängen und Aufhängen störe das Ansehen des Symbols mehr als der komplette Verzicht. Die Entscheidung sei mit der Präsidentin des Oberlandesgerichts, Anne-Jose Paulsen, abgesprochen. In zwei Wochen verlässt die Justiz das bisherige Gebäude in der Altstadt und zieht in neue Räume am Oberbilker Markt um.

«Überlieferte Übung»
Eine Sprecherin des Landesjustizministerium sagte auf Anfrage, Kreuze hingen nicht auf staatliche Anordnung in Gerichtsälen, sondern aufgrund «überlieferter Übung». In NRW gebe es auch keine Verwaltungsvorschrift, nach der das Ministerium über die Um- oder Neugestaltung von Gerichtssälen zu entscheiden habe. Darüber befinde allein die nutzende Verwaltung. Im Sinne des Kruzifix-Urteils des Bundesverfassungsgerichts entscheide in jedem Einzelfall der Vorsitzende Richter, ob nach einer Beanstandung ein Kreuz entfernt werde.

Der Düsseldorfer Stadtdechant Rolf Steinhäuser sagte, ein Kreuz sei nicht ein beliebiger Einrichtungsgegenstand, den man wie eine Vase oder Aktenschrank zurücklassen könne. Er verwies darauf, dass Kreuze im Nationalsozialismus und im Kommunismus abgehängt worden seien. «Beide Systeme haben unser Rechtssystem und unsere Justiz korrumpiert», so Steinhäuser.

Der Düsseldorfer Superintendent Ulrich Lilie sprach von einer «fatalen Entwicklung». In der «Rheinischen Post» betonte er: «Wir sind noch immer eine christliche Mehrheitsgesellschaft.» Der Zeitgeist sei derzeit so liberal, «dass wir nach allen Seiten offen sind und dabei nicht mehr wissen, für was wir stehen».

Der Vertreter der katholischen Kirche am Sitz der Landesregierung, Prälat Karl-Heinz Vogt, kritisierte, dass einem Teil der Richter der Sinngehalt des Kreuzes verloren gegangen sei. Das Symbol wolle das Gewissen zur Wahrheit mahnen, sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Er begrüßte geplante Gespräche zwischen Vertretern der Gerichte und der Kirchen.

Bereits 2006 hatte die Entscheidung bundesweit für Aufsehen gesorgt, in dem renovierten Trierer Justizgebäude keine Kreuze mehr anzubringen. Der rheinland-pfälzische Justizminister Heinz Georg Bamberger (SPD) hatte damals die Entscheidung verteidigt.