Psychiater verneint Zusammenhang zwischen Zölibat und Missbrauch

"Nicht einleuchtend"

Zwischen dem Zölibat und den Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche besteht nach Ansicht des Psychiaters Norbert Leygraf kein Zusammenhang. Pädophile Sexualität entwickle sich während der Pubertät, der Zölibat komme viel später, sagte der Direktor des Instituts für Forensische Psychiatrie der Universität Duisburg-Essen.

 (DR)

Dem Deutschlandradio Kultur sagte Leygraf am Montag, kein Mensch werde durch den Zölibat pädophil veranlagt, ein solcher Zusammenhang sei «nicht sonderlich einleuchtend».

Leygraf widersprach darüber hinaus der Auffassung, dass unter Priestern abnorme Formen der Sexualität überdurchschnittlich vertreten seien: «Irgendwelche Studien, die belegen würden, dass das nun besonders häufig Leute mit einer abnormen Sexualität wären, gibt es nicht.»

Lob für die Bischöfe
Am Montag kommt der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz in Würzburg zusammen, um seine Leitlinien zum Umgang mit sexuellem Missbrauch zu präzisieren. Leygraf würdigte das Bemühen der katholischen Kirche um schärfere Richtlinien: «Sie können zumindest das Bewusstsein schärfen, und das haben die alten Leitlinien ja schon getan, die es seit 2002 gab.»

Auch die bisherigen Leitlinien hätten offenbar funktioniert, «weil es in den letzten Monaten ja eine sehr offensive Kampagne der Kirche gegeben hat, dass Opfer sich melden sollen», sagte der Psychiater: «Und auch da haben sich ja kaum mehr Leute gemeldet, die in den letzten acht Jahren irgendwie Opfer eines sexuellen Missbrauchs gewesen sind, sondern das sind ja überwiegend Altfälle.»