In seinem Bischofsring trug er ein Stück Ruhrkohle - Zeichen seiner starken Verbundenheit mit dem Revier. Aber auch die Kumpels fühlten sich ihm nahe und nannten ihn liebevoll "unser Franz". Hengsbach, der als erstes von acht Kindern der Eheleute Johann und Theresia Hengsbach am 10. September 1910 im sauerländischen Velmede geboren wurde, kümmerte sich intensiv um die Belange der Bergleute.
Seitdem der frühere Paderborner Weihbischof 1958 an die Spitze des neu gegründeten Bistums Essen rückte, besuchte er immer wieder Betriebe und konfrontierte junge Theologiestudenten bei Grubenfahrten mit der Arbeitswelt. Zwar sah er die Notwendigkeit von Umstrukturierungen, protestierte aber mit den Bergleuten gegen zu schnelle Zechenschließungen. Auch zu Wirtschaftsbossen hielt der Bischof intensiven Kontakt und gründete den "Initiativkreis Ruhrgebiet" mit, der neue Beschäftigungsperspektiven erarbeitet.
Werben für das Kernanliegen der Kirche
So sehr sich Hengsbach sozial und wirtschaftspolitisch ins Zeug legte, so sehr warb er für das Kernanliegen der Kirche: die Weitergabe des Glaubens. "Wir müssten eifriger, zündender, brennender sein. Nur ein brennender Ofen wärmt", betonte er. In seiner direkten Art scheute er sich nicht, auch Journalisten anzusprechen. "Haltet euch an Gott, betet heute Abend mal. Wenn euch kein Wort einfällt - Hände falten kann jeder", sagte er im Februar 1991 bei der Pressekonferenz zu seinem Rücktritt als Ruhrbischof nach 33 Jahren und 15 Tagen. Klare Worte fand der Kardinal auch immer dann, wenn er den Sonntag als "Tag des Herrn" oder den Lebensschutz bedroht sah.
Großen Anteil hatte Hengsbach an der deutsch-polnischen Aussöhnung. Als Polen-Seelsorger erlernte er in Kaplansjahren deren Sprache. Während des Zweiten Vatikanischen Konzils in den 60er Jahren war er am Briefwechsel zwischen deutschen und polnischen Bischöfen beteiligt. Er unterstützte die Forderung, die Oder-Neiße-Linie als Westgrenze Polens anzuerkennen. Er sagte aber auch, dass der Krieg beide Völker in übergroßes Leid gestürzt habe und Millionen Menschen
- Polen und Deutsche - ihre Heimat verloren haben. Über Jahre gehörte Hengsbach der Kontaktkommission der deutschen und polnischen Bischofskonferenz an. Der frühere Erzbischof von Krakau und spätere Papst Johannes Paul II., mit dem er in persönlicher Verbindung stand, ernannte Hengsbach 1988 zum Kardinal.
Weltpolitische Weitsicht
Weltpolitische Weitsicht bewies der Bischof auch mit seinem Vorschlag, in allen deutschen Bistümern eine Weihnachtskollekte für die Kirche in Lateinamerika zu halten - die Geburtsstunde des in Essen ansässigen Hilfswerks Adveniat. Für die Bischofskonferenz übernahm Hengsbach verschiedene Aufgaben. 1961 wurde er Militärbischof und stellte mit 17 Jahren Amtszeit einen uneingeholten Rekord auf. Auch als oberster Soldatenseelsorger ging er "vor Ort" und kam auf 68 Visitationen. Maßgeblich bestimmte er die 1965 erlassenen Statuten für die "Kirche unter Soldaten" mit. Zwei Jahrzehnte lang war Hengsbach Vorsitzender der Finanzkommission des Verbandes der Diözesen. An der Spitze der Kommission Weltkirche trat er für Asylbewerber und Flüchtlinge ein. Als Anwalt und Vermittler engagierte sich der Kirchenmann auch, als 1971 Aldi-Gründer Theo Albrecht entführt worden war.
Hengsbach trat im Februar 1990 mit 80 Jahren als Bischof zurück. Damals wollte er sich weiter für die Menschen im Revier einsetzen, schließlich sei er "doch nicht tot". Doch wenige Monate später durchkreuzte eine Darmerkrankung seine Lebensplanung. Nach einer erst gut verlaufenen OP verschlechterte sich sein Gesundheitszustand. Der Kardinal starb am 24. Juni 1991. Er wurde in der Adveniat-Krypta des Essener Domes beigesetzt.
100. Geburtstag von Ruhrbischof und Kardinal Hengsbach
Der erste Ruhrbischof
Der erste Ruhrbischof, Kardinal Franz Hengsbach, war eine der profiliertesten Persönlichkeiten der katholischen Kirche Deutschlands in den Nachkriegs-Jahrzehnten. Am Freitag wäre er 100 Jahre alt geworden. Am Samstag feiert das Bistum Essen den Geburtstag mit einem Pontifikalamt und einem Festakt.
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