Wie Bundespräsident Wulff in der Schweiz seinen ersten Staatsbesuch absolvierte

Dünger für die Synapsen

Gut zwei Monate ist er im Amt. Nun hat Bundespräsident Christian Wulff in der Schweiz seinen ersten Staatsbesuch im Ausland absolviert. Mit einer Charmeoffensive besänftigte er gemeinsam mit seiner Frau Bettina die ob der "Kavallerie"-Attacken des früheren Bundesfinanzministers Peer Steinbrück vergrätzten Eidgenossen. Dabei wurde gelegentlich deutlich, wie Wulff sein kompliziertes Amt künftig auszufüllen gedenkt.

Autor/in:
Nikolaus Sedelmeier
 (DR)

Nach dem überraschenden Rücktritt seines Vorgängers Horst Köhler wurde der frühere niedersächsische CDU-Ministerpräsident im Eilverfahren ins Berliner Schloss Bellevue gehoben. Seine Fähigkeiten als Landesvater bringt Wulff mit ins höchste Staatsamt. Mit stets freundlicher Miene lauscht er Kinderchören, schüttelt geduldig Bürgerhände und bei Bedarf Bonmots aus dem Ärmel.



Noch nicht alle seine Formulierungen halten höchsten diplomatischen Anforderungen stand. "Hirnforscher sagen: das erste Mal wirkt wie Dünger auf den Synapsen des Hirns", sagte Wulff über seine Premiere in Bern. Die Gastgeber hörten es dennoch gern, dass die Visite für Wulff noch keine Routine war.



Diplomatische Fehltritte vermieden

Den zweitägigen Staatsbesuch in der Schweiz hatte sein Vorgänger Köhler vereinbart. Unter dem Motto "Bildung, Innovation, Technologie" animierte Wulff die Eidgenossen, die Streitigkeiten um Steuerhinterziehung zu begraben und gemeinsam einen Blick in die Zukunft zu werfen. Diplomatische Fehltritte vermied er. Zu einem möglichen EU-Beitritt der Schweiz befragt, sagte Wulff lediglich, er werde sich in diese innere Angelegenheit des Landes nicht einmischen. Diese Entscheidung sei allein Sache der Schweizer.



Der Besuch im schmucken Alpenstaat war zugleich vermutlich eine willkommene Auszeit vom Ärger um die mögliche Entlassung des Bundesbankvorstands und Dauerprovokateurs Thilo Sarrazin. Zu dem Streitfall kam Wulff bei den Eidgenossen kein Wort über die Lippen. Einzig ein Mitglied in der Delegation seiner Schweizer Amtskollegin Doris Leuthard, der Vorsitzende der Deutsch-Schweizer Handelskammer, mag den Bundespräsidenten an die heimischen Querelen erinnert haben: Sein Name: Eric Sarasin.



Keine Direktwahl des Präsidenten

Klar wurde in der Schweiz, dass eines der Hauptthemen von Wulffs Präsidentschaft die Erneuerung der parlamentarischen Demokratie sein wird. Eine "Vielfalt der Ideen" lasse sich "nur in einem offenen Diskurs und durch das Zusammenwirken einer möglichst großen Anzahl von Bürgern erzielen", betonte Wulff in Bern. Von den Eidgenossen ließ es sich über "Partizipationsinstrumente" wie Volksabstimmungen unterrichten. Eine Direktwahl des Bundespräsidenten, wie sie sein Vorgänger Köhler ins Spiel gebracht hatte, lehnte Wulff allerdings bereits ausdrücklich ab.



Am 3. Oktober wird der Bundespräsident nun eine Grundsatzrede über 20 Jahre deutsche Einheit halten. Es folgen Besuche in der Türkei und in Russland.