Die Verbreitung und Herkunft von mehr als 20.000 Nachnamen in Deutschland haben Wissenschaftler der Universitäten Freiburg und Mainz im Auftrag der Deutschen Forschungsgemeinschaft untersucht. Dafür durchforsteten die Forscher nach eigenen Angaben die kompletten deutschen digitalen Telefonverzeichnisse - weil es kein Gesamteinwohnerverzeichnis der Nachnamen gibt. Entstanden sind bislang zwei 900 Seiten dicker Wälzer. Der gerade erschienene zweite Band setzt sich insbesondere damit auseinander, wo die Meyers und wo die Mayers wohnen. Und warum die Rheinländer eher die Schmitz kennen, während sich anderswo die Schmidts niedergelassen haben.
Vor allem Einwanderung aus Grenzländern Deutschlands sei bereits seit der Einführung von Nachnamen im 13. Jahrhundert unübersehbar, sagt die Mainzer Expertin Rita Heuser. "In Brandenburg findet man zum Beispiel viele Namen mit französischem Ursprung, was auf die Einwanderung der Hugenotten zurückzuführen ist." Manchmal sei der Ursprung noch leicht zu erkennen, wie etwa bei Lafontaine oder de Maiziere. Andere Namen seien mittlerweile jedoch sehr "eingedeutscht" worden. Der Einfluss der polnischen Einwanderung zu Zeiten der Industrialisierung im 19. Jahrhundert lasse sich ebenfalls an vielen Namen ablesen: "Alle Nachnamen mit der Endung -ski kommen aus dem Slawischen und finden sich heute gehäuft im Ruhrpott." Schimanski lässt grüßen.
Viele Nachnamen zeugen nach Aussagen der Wissenschaftler auch von Herkunft, Stand und Tätigkeit der Vorfahren. Über die Hälfte von ihnen seien auf Berufsbezeichnungen zurückzuführen, sagte Heuser. Die andere Hälfte setzte sich aus verschiedenen Einflussfaktoren zusammen: "Bei einem Herrn Böhm kamen die Vorfahren wahrscheinlich aus Böhmen, ein Ahne von Herrn Bachler hat wahrscheinlich mal am Bach gewohnt", so die Namensforscherin. Ein schöner Name schmücke seinen Träger jedoch auch mal zu Unrecht: "Auch Bischof, König oder Papst kommen bei den Nachnamen häufig vor." Jedoch seien die Nachfahren nicht mit dem Bischof verwandt, sondern hätten bei der Namensgebung in einem bestimmten Abhängigkeitsverhältnis beispielsweise im Dienst des Bischofs gestanden.
Die Binnenwanderung hat keinen großen Einfluss
Auch wenn viele Nachnamen auf Einwanderung zurückzuführen sind, gibt es typisch regionale Namen. "Daran lässt sich erkennen, dass auch heute noch der Großteil der Menschen in der Region bleibt, wo sie geboren sind", so Heuser. Die Binnenwanderung habe auf die Verteilung der Nachnamen keinen großen Einfluss. Auch in Zukunft würden die Schmidts und Müllers in der Bundesrepublik die Nachnamen dominieren, was jedoch nicht heiße, dass es für neue Namen keinen Platz gebe.
Insgesamt zählten die Forscher eine Million unterschiedliche Nachnamen. Es würden zwar keine deutschen Namen mehr hinzukommen, aber immer noch einige Ausländische: "Aber auch diese Namen passen sich früher oder später an und gehören dann zu unserem Namensschatz." So entstand aus dem französischen Vornamen Gerard mit der Zeit der deutsche Nachname Schirra.