Bischof Ackermann befürwortet Bundestagsseinsatz für Religionsfreiheit

"Eine starke Stimme"

Nach der Diskussion im Parlament hat der Trierer Bischof Stephan Ackermann ein Eintreten Deutschlands für bedrängte und verfolgte Christen weltweit gefordert. Deutschland sei eine "starke Stimme", so Ackermann im Interview mit domradio.de, und müsse diese "Rolle und Verantwortung auch wahrnehmen".

 (DR)

domradio.de: Teilen Sie die Auffassung, insbesondere von SPD, Grünen und Linken, dass in Deutschland die verschiedenen Religionen nicht gleichberechtigt sind?

Ackermann: Man muss ja sagen, dass natürlich unser Land - unsere Kultur und Gesellschaft - vor allen Dingen durch die jüdisch-christlichen Wurzeln geprägt ist. Das ist ein geschichtliches Faktum, an dem wir nicht vorbeikommen. Trotzdem ist klar: Wir treten gerade als Kirche ein für die Religionsfreiheit als universelles Menschenrecht, dafür dass allen freie Ausübung möglich sein muss. Jetzt zu sagen, wie eine Gesellschaft auf die unterschiedlichen Religionen reagieren kann: Natürlich darf eine Gesellschaft fragen, was bringen denn Religionen für die Gesellschaft ein - an Werten, an Reichtum für ein Zusammenleben; und da, wo Religionen besonders dem Gemeinwohl verpflichtet sind und Dinge einbringen können, entsprechend zu fördern und zu unterstützen. Gleichberechtigung kann nicht einfach Gleichmacherei heißen, sondern ein Staat darf auch schauen, was sind die besonderen Beiträge, die Religionen zum Zusammenleben der Menschen beizusteuern haben. Und entsprechend damit umzugehen. Es ist sicher auch eine Frage der Ansprechpartner: Habe ich ein Gegenüber in den verschiedenen Religionen, wo ich sagen, das ist verlässlich und da weiß ich auch von Seiten des Staates und der Politik, mit dem habe ich es zu tun und wie können wir verbindlich in den Vereinbarungen sein.



domradio.de: Wie wichtig ist es, dass wir in Deutschland hinsichtlich der Religionsfreiheit mit gutem Beispiel voran gehen, im Hinblick auch auf verfolgte Christen im Ausland?

Ackermann: Das ist sehr wichtig. Wir sind ein wohlhabendes Land; ein Land, das auch geschichtlich gezeichnet ist - gerade auch in der jüngsten Geschichte - von einer atheistischen Diktatur. Denken wir an das Dritte Reich, aber auch an das System der DDR. Sowohl auf Grundlage unserer eigenen Geschichte und unserer Rolle in Europa  müssen wir uns da stark machen, wo Menschen bedrängt sind um ihres Bekenntnisse wegen. Deutschland ist eine starke Stimme. Diese Rolle und Verantwortung müssen wir auch wahrnehmen.



domradio.de: Der Unions-Fraktionsvorsitzende, Volker Kauder, hat gefordert, dass Kirchen in muslimischen Ländern gebaut werden dürfen. Aber auch in Deutschland ist ja ein Moscheeneubau immer höchst umstritten, wie etwa die Diskussion der vergangenen Jahre in Köln zeigt. Sind Sie für Moscheebauten in Deutschland?

Ackermann: Selbstverständlich. Das gehört zum Recht der Religionsfreiheit dazu: dass nicht nur im privaten Raum zu leben, sondern auch im öffentlichen Raum die Religionsausführung möglich zu haben. Wir haben ja von Seiten der deutschen Bischöfe auch eine Handreichung herausgegeben zum Thema Moscheebau.



domradio.de: Eine Religionsgemeinschaft, die weltweit ebenso unter Verfolgung steht, ist das Judentum. Wenn wir Christen so laut unser Leid beklagen, was sollen denn die Juden sagen, die nach wie vor von Diskriminierung und Verfolgung ausgesetzt sind?

Ackermann: Wenn wir als Kirche für Religionsfreiheit eintreten und gegen Diskriminierung, dann gilt das natürlich auch für Juden da, wo sie verfolgt werden. Wir machen ja nicht nur einfach Lobbyarbeit für die Christen. Obwohl trotzdem festzuhalten ist: Mehr als 80 Prozent der Menschen, die aufgrund ihrer Religion verfolgt werden, Christen sind.



domradio.de: Wie würden Sie zusammenfassend die Bundestagsdebatte zur Religionsfreiheit bewerten?

Ackermann: Ich war sehr froh darüber, dass dieser große Zeitraum von anderthalb Stunden für diese Debatte gewährt wurde. Was auch ganz deutlich war: Fraktionsübergreifend ist das Anliegen da, Religions- und Bekenntnisfreiheit zu schützen, dafür einzutreten und den Finger auf die Wunden zu legen, wo es nicht gewährleistet oder eingeschränkt ist. Aber sie können sich denken, dass über die verschiedenen Parteien hinweg natürlich auch unterschiedliche Akzentuierungen gesetzt worden sind. Das war nicht überraschend. Aber in diesem Anliegen gemeinsam zu sein, das ist wirklich ein gutes Zeichen.



Das Gespräch führte Monika Weiß.