Joan Baez wird 70 Jahre alt

Stimme der Friedensbewegung

Es waren zwei Ereignisse, die ihr Leben für immer verändern sollten: Mit 16 Jahren hörte Joan Baez eine Rede des schwarzen Bürgerrechtlers Martin Luther King. Im selben Jahr bekam sie von ihren Eltern die erste Gitarre. Von da an dauerte es nur kurze Zeit, bis sie sich mit ihrer klaren Stimme und ihrem filigranen Gitarrenspiel an die Spitze der Folkmusikszene gesungen hatte.

Autor/in:
Holger Spierig
 (DR)

In den 60er Jahren galt die Sängerin als Ikone der Bürgerrechts- und Friedensbewegung in den USA. Ihre Teilnahme an gewaltfreien Anti-Kriegs-Protesten brachte sie sogar kurzzeitig ins Gefängnis.

Musik und friedenspolitisches Engagement gehörten für sie jahrzehntelang untrennbar zusammen. Der Höhepunkt war ihr Auftritt beim Marsch der Bürgerrechtler auf Washington im Jahr 1963.



Auf der Kundgebung sprach Martin Luther King vor mehr als 300.000 Menschen von seinem Traum einer Welt ohne Rassenschranken: "I have a dream". Neben ihm sang dann die junge Frau mit den langen, schwarzen Haaren "We Shall Overcome". Da war sie 22 Jahre alt. Das Stück wurde nicht nur ihr Markenzeichen, sondern auch die Hymne der Bürgerrechts- und Friedensbewegung weltweit.



Das Engagement für den Frieden wurde bei der am 9. Januar 1941 in Staten Island/New York geborenen Baez schon früh geweckt. Die Familie gehörte der pazifistisch geprägten Glaubensgemeinschaft der Quäker an. Der Vater, ein mexikanischer Physiker, gab aus Gewissensgründen einen lukrativen Job in der Rüstungsindustrie auf und lehrte als Dozent.



Mit 16 Jahren weigerte sich Baez, in der Schule an einer Luftschutzübung teilzunehmen. Bei Protesten gegen den Vietnam-Krieg wurde sie wenige Jahre später 1967 zwei Mal verhaftet und verbrachte insgesamt einen Monat im Gefängnis.



Mit Dylan Königin und König der Folkmusik

Beeinflusst von der Musik der schwarzen Sänger Odetta und Harry Belafonte sowie des politischen Folkmusikers Pete Seeger spielte Baez zunächst, wie in der Folkszene üblich, Traditionals, Gospels und Gewerkschaftslieder. In dieser Situation war ihr Zusammentreffen Anfang der 60er Jahre mit einem noch unbekannten Sänger, der sich Bob Dylan nannte, schicksalshaft.



Der durch die Musikcafés ziehende Musiker schrieb damals aktuelle politische Songs wie am Fließband. "Es war fast so, als hätte ich nur auf die richtigen Lieder gewartet, die ausdrückten, was ich politisch dachte und fühlte", erinnert sich Baez heute. Von da an wurden Dylan-Songs ein wichtiger Bestandteil ihres Repertoires. Auf gemeinsamen Auftritten wurden Baez und Dylan, die auch privat bald ein Paar wurden, als Königin und König der Folkmusik gefeiert.



Die damals bereits erfolgreiche Sängerin hatte auch einen maßgeblichen Anteil an der Karriere Dylans. Sie holte den noch wenig bekannten Sänger bei ihren Konzerten auf die Bühne und ließ ihn vor ihrem Publikum spielen. Als Dylan es dann Mitte der 60er Jahre zum Superstar gebracht hatte, verweigerte er auf seiner Konzerttournee durch England 1965 der mitreisenden Baez gemeinsame Auftritte. Ihre Wege trennten sich dort, und Baez verließ enttäuscht und verletzt den immer größer werdenden Dylan-Tross.



Doch auch friedenspolitisch wandelten die beiden schon länger auf unterschiedlichen Pfaden. Der Spötter und beißende Kritiker Dylan war überzeugt davon, an den herrschenden Verhältnissen nichts ändern zu können. Baez hingegen blieb ihrer Mission treu, für eine friedlichere und gerechtere Welt zu streiten. Dylan widersetzte sich auch ihren Bemühungen, aus ihm einen Sprecher der Friedensbewegung zu machen.



Ihre Beziehung mit dem Sänger verarbeitete Baez später in ihrem Song "Diamonds and Rust" - nach Überzeugung des "New York-Times"-Kritikers und Musikjournalisten Robert Shelton das beste und authentischste ihrer selbst geschriebenen Stücke.



Ihrer Friedensmission treu

Später blieb sie ihrer Friedensmission treu, musikalisch konnte sie aber nicht mehr an ihre Erfolge in den 60er Jahren anknüpfen. Sie engagierte sich für Amnesty International und für Kinderrechte, 1993 besuchte sie das vom Krieg zerstörte Sarajewo.



Mit ihren neueren Platten, auf denen sie politisches Pathos meidet, gelang ihr ein überraschendes Comeback. Die alterslos und sehr agil wirkende Baez spielt heute entspannt und gereift Songs von heutigen Country- und Rockgrößen. Sie wolle kein Friedensengel mehr sein, urteilte der "Spiegel".



Baez selbst bekannte, die Musik sei ihr heute wichtiger als die Botschaft. Die Hymne "We Shall Overcome" spiele sie daher kaum noch auf den Konzerten. Sie wolle, erklärte sie, schließlich keine "Nostalgie-Jukebox" werden.



Am Sonntag (09.01.2011) wird Joan Baez 70 Jahre alt.