Immer gefährlichere Islamistische Netzwerke gehen von Bonn aus

"Subkultur" am Rhein

Die islamistische "Subkultur" im rheinischen Bonn wird nach der jüngsten Einschätzung der Verfassungsschützer immer gefährlicher. Von der früheren Bundeshauptstadt würden die islamistischen Netzwerke ins gesamte Bundesgebiet "immer enger geknüpft".

Autor/in:
Friedrich Kuhn
 (DR)

Das bestätigten Berliner Sicherheitskreise der Nachrichtenagentur dapd am Sonntag. Seit der Gründung der saudischen König-Fahd-Akademie in Bonn-Bad Godesberg Mitte der 90er Jahre habe sich am Rhein nach und nach ein "Terror-Kern" von Islamisten entwickelt, "von dem wir befürchten, dass er jetzt jederzeit schwere Anschläge im Bundesgebiet verüben könnte", berichtete ein Berliner Verfassungsschützer. Die Akademie, die zahlreiche islamistische Fundamentalisten aus arabischen Ländern nach Bonn angezogen hat und in der zum "Heiligen Krieg" gegen die Ungläubigen aufgerufen wurde, wurde seinerzeit von den Behörden "ausgetrocknet".



Die Geheimdienstler sind besonders über die "konspirative somalische Clique" besorgt, die sich in Bonn neben den anderen Dschihadisten, den Gotteskriegern, etabliert hat. Diese Gruppe nennt sich "Deutsche Shabab" und ist nach den Erkenntnissen der Fahnder mit den somalischen Al-Shabab-Milizen eng verbunden. Sie wollen in Somalia einen Gottesstaat errichten, haben das ostafrikanische Land ins Chaos gestürzt und beherrschen bereits Süd- und Zentralsomalia.



Die Al-Shabab-Milizen kooperieren nach Feststellung westlicher Geheimdienste genauso wie die Taliban in Afghanistan eng mit der Terrororganisation Al-Kaida. "Diese Kombinationen beunruhigen uns sehr, weil sie zu Anschlägen in Deutschland führen können", sagte ein Experte des Verfassungsschutzes.



175 Personen im islamistisch-terroristischen Potenzial

Der Bonner "General-Anzeiger" berichtete von Ermittlungen des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamtes (LKA), wonach für Bonn von 175 Personen ausgegangen werden muss, die als "mögliche Angehörige des islamistisch-terroristischen Personenpotenzials" eingestuft werden müssen. Die Ermittler würden damit rechnen, dass sich die islamistische Szene in Bonn "weiter etabliert und verdichtet".



Zu den Dschihadisten in Bonn sollen auch Personen gehören, die Verbindung zu den islamistischen Attentätern vom 11. September 2001 in den USA hatten. Sie sollen schon 2005 nach Bonn gekommen sein. Zuvor waren sie Aktivisten in der Hamburger Al-Quds-Moschee, die spätere Taiba-Moschee, die im vergangenen August von den Behörden wegen verfassungsfeindlicher Umtriebe geschlossen wurde.



In dieser Hamburger Moschee hatte damals der Todespilot gegen die Twin Towers in New York, Mohammed Atta, mit seinen Komplizen verkehrt. "Aus all diesen islamistischen Kreisen hat sich in Bonn ein total undurchsichtiges Geflecht zusammengefunden, das uns ständig zu größter Wachsamkeit zwingt", erläuterte ein Verfassungsschützer.



Bonn auch Zentrum für Salafisten

Bonn ist auch für die Salafisten in Deutschland ein wichtiges Zentrum. Hier läuft das salafistische Netzwerk zusammen. Der Salafismus, die "Orientierung an den Altvorderen", gilt wegen seiner "wortwörtlichen Interpretation" des Koran als fundamentalistische und radikale Strömung des Islam. Die Salafisten wollen einen islamischen Gottesstaat mit der Scharia, dem islamischen Strafrecht, errichten. Sie lehnen die westliche Lebensweise strikt ab.



Die Salafisten gelten als eine besonders gefährliche Strömung des Islamismus. "Das bereitet uns natürlich noch größere Sorgen", war aus Verfassungsschutzkreisen zu hören. Im Visier der Ermittler steht der Bonner Konvertit Pierre Vogel alias Abu Hamza. Der 32-Jährige ist nach Aussage von Sicherheitsleuten der populärste Vorbeter und Prediger des Salafismus in der Bundesrepublik. Der ehemalige Profi-Boxer aus Frechen konvertierte 2001 zum Islam. Vogel gibt sich als Missionar, der die einzig "wahre Religion" verkündet.



Vogel war besonders in die Schlagzeilen geraten, als er bei einem Auftritt Bundeskanzlerin Angela Merkel geraten hat, in Problemvierteln wie in Berlin-Neukölln die Scharia einzuführen. Beispielsweise sollte bei einem Raubüberfall dem Täter die "Hand abgenommen werden". Der Prediger meinte: "Dann wollen wir mal schauen, wie sich das Ganze entwickelt".