Orden in Deutschland stehen vor Herausforderungen

"Nach neuen Aufgaben umschauen"

Der Trend scheint unumkehrbar. Bundesweit ist die Zahl der Ordensleute und Klöster rückläufig - und das auf lange Sicht. Dennoch: Einrichtungen, die sich den neuen Herausforderungen in einer kirchlich zunehmend ungebundenen Gesellschaft stellen und eine Nische suchen, erleben sogar ungeahnten Zulauf.

Autor/in:
Kerstin Kotterba
 (DR)

Der Pressesprecher der Deutschen Ordensobernkonferenz, Arnulf Salmen, erläuterte am Montag bei einer Veranstaltung der Bonner Citypastoral im Münster-Carré (Abtei zu verkaufen! Betroffene und Experten stellen sich der Frage: Wie viel Kloster braucht das Land?) den Stand der Dinge: "Heute haben wir beispielsweise rund 23.000 Ordensfrauen in Deutschland, in 20 Jahren werden es nur noch halb so viele sein". Tristesse pur also? Nicht unbedingt, wie ein Streifzug durch Deutschlands Klöster zeigt.



Da ist zum Beispiel das Kloster Arenberg bei Koblenz, wo Schwester Scholastika lebt. Vor rund zehn Jahren stand man hier vor einer großen Entscheidung: Schließen, verkaufen oder neu ausrichten. Die Dominikanerinnen entschieden sich für eine Neuausrichtung. Mit externer Hilfe bauten sie ein Bildungs- und Erholungszentrum - jetzt floriert das Klosterleben.



Konzepte überdenken

"Man muss manchmal Werke aufgeben und umdenken", meint Schwester Scholastika. Gemeinsam hätten die Ordensfrauen überlegt, was das Kloster anziehend mache. Heute ist es zu einem Ort der religiösen Einkehr geworden, verbunden mit medizinischen Anwendungen und Kuren. Es gibt einen Wellness-Bereich mit Schwimmbad und Sauna, Tautreten und Aquafitness. Gäste können an den Gebetsstunden der Dominikanerinnen teilnehmen und mit ihnen bei Bedarf persönliche Gespräche führen.



Das Kloster Arenberg sei aber kein Wellness-Kloster im klassischen Sinne. "Wir wollen nicht die äußere, sondern die innere Schönheit eines Menschen herausstellen", erklärt die Generalpriorin. Natürlich sei die Umgestaltung für manch eine Schwester nicht immer einfach gewesen. "Oft sind persönliche Geschichten mit dem Ort verbunden. Dann muss man erst mal ins Gespräch kommen."



Männerklöster machen mobil

Auch Männerklöster machen mobil. Zum Beispiel die Prämonstratenserabtei in Duisburg-Hamborn: Von einem Aussterben des Klosterlebens ist hier nichts zu spüren. Denn Abt Albert und seine Mitbrüder wollen jungen Leuten eine Alternative bieten, machen Jugendarbeit in dem Stadtteil, der als sozialer Brennpunkt gilt, oder veranstalten ein umfangreiches Kulturprogramm. Insgesamt 25 Ordensleute gehören dem Kloster an, vom "Junior" mit 24 Jahren bis zum 80-jährigen "Senior".



Bruder Hubertus aus der Benediktiner-Abtei St. Matthias in Trier blickt ebenfalls positiv in die Zukunft. Derzeit habe das Kloster 28 Mitglieder. "Niemand hat in der Hand, ob sich die Menschen für ein Leben für Gott entscheiden", sagt er und versteht die Aufregung über das "Klostersterben" nicht: "Die Menschen haben doch kein Recht auf ein Kloster." Vielmehr gehe es um die Einsicht, dass sich die Aufgaben für Klöster in der Gesellschaft geändert hätten.



Neue Aufgaben

So würden früher von Orden betriebene Krankenhäuser mittlerweile auch mit "weltlichen Kräften" geführt, Kapazitäten dafür seien in den Klöstern nur noch selten vorhanden. "Wir können die Leute nicht mit Boni ködern", sagt Bruder Hubertus und lacht. "Die Orden stehen für gelebte Caritas, christliche Grundwerte und Spiritualität." Aber das allein reiche heutzutage nicht aus. "Orden müssen sich nach neuen Aufgaben umschauen", betont der Benediktiner. Bereiche für das Engagement von Klöstern sieht der Bruder beispielsweise in der Arbeit mit Obdachlosen oder Jugendlichen.



Die Ordensleute betonen, dass es viele Wege für ein Kloster gibt, sich neu zu gestalten und zu engagieren. Eine Musterlösung existiere jedoch nicht. Auf jeden Fall müsse man ins Gespräch kommen, hinter den Klostermauern und mit den Menschen vor Ort. Jede einzelne Einrichtung solle sich die Frage stellen "Was ist mit unseren Kräften machbar?", meint Schwester Scholastika. "Geistliche Zentren werden immer wichtiger", fügt die Dominikanerin hinzu und verweist auf die Strukturreformen in vielen Bistümern, die zu Großgemeinden führen. Klöster könnten hier Akzente setzen. Und ein wichtiges Anlaufzentrum für die Glaubenden der Zukunft bleiben.