Kritik und Lob für Entschädigungsangebot der katholischen Kirche

Unzureichend?

Das Entschädigungsangebot der katholischen Kirche für Betroffene sexuellen Missbrauchs stößt bei Opfervertretern auf Kritik. "Eine Entschädigung von 5.000 Euro steht in keinem Verhältnis zum erlittenen Leid", sagte die Bundesvorsitzende des Weißen Rings, Roswitha Müller-Piepenkötter. Auch der "Eckige Tisch", ein Zusammenschluss von Opfern in Einrichtungen des Jesuitenordens, hält das Angebot für unzureichend. Die Union begrüßt dagegen das Entschädigungskonzept.

 (DR)

Matthias Katsch, Sprecher des "Eckigen Tisches", sprach in der "Frankfurter Rundschau" (Donnerstagsausgabe) von einer Unverschämtheit. "Es ist schäbig, wie die reichste Kirche der Welt versucht, sich aus der Affäre zu ziehen", sagte er.



Die katholische Deutsche Bischofskonferenz hatte am Mittwoch mitgeteilt, Missbrauchsopfern bis zu 5.000 Euro als Entschädigung zahlen zu wollen. In besonders schweren Fällen seien zusätzliche Leistungen möglich.



Wie eine Verhöhnung

Müller-Piepenkötter vom Weißene Ring sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Donnerstagsausgabe), die Summe müsse den Opfern wie eine Verhöhnung erscheinen. Zudem forderte sie rasche Beschlüsse des Runden Tisches der Bundesregierung. So müsse die von der katholischen Kirche beschlossene Anzeigepflicht für Missbrauchsfälle auch für staatliche und private Schulen sowie Vereine eingeführt werden.



Erforderlich sei zudem, "die strafrechtlichen Verjährungsfristen für sexuellen Missbrauch deutlich zu verlängern", erklärte Müller-Piepenkötter. Schließlich müssten dringend Hilfsangebote auch für Opfer familiären Missbrauchs auf den Weg gebracht werden.



Politische Stillstand am Runden Tisch der Bundesregierung

Auch Kinderhilfe-Vorsitzender Georg Ehrmann kritisierte die geplanten Entschädigungen der Kirche in der "Neuen OZ" als "unbefriedigend". "Der eigentliche Skandal ist aber der politische Stillstand am Runden Tisch der Bundesregierung." Während die Kirche zumindest ein Angebot vorgelegt habe, "ist eine Entschädigungsregelung für Missbrauchsfälle in Schulen, Heimen, Vereinen oder in der Familie trotz einjähriger Beratungen nicht ansatzweise erkennbar", beklagte Ehrmann.



Auch die Pläne der Bundesjustizministerin für einen besseren Opferschutz hält der Kinderhilfe-Chef für "reine Nebelkerzen". "Wenn die Regierung den Opfern wirklich helfen will, muss die strafrechtliche Verjährungsfrist bei Missbrauch ganz entfallen." Zudem müsse Kindesmissbrauch als Verbrechen eingestuft und damit härter geahndet werden. Der Runde Tisch habe bisher nur viel Papier produziert.



Union begrüßt Entschädigungskonzept

Die Unionsfraktion im Bundestag hat das Konzept der katholischen Kirche zur Entschädigung von Missbrauchsopfern dagegen begrüßt. Die Kirche habe als erste der am Runden Tisch beteiligten Institutionen ein umfassendes Konzept für Entschädigungszahlungen vorgelegt, erklärte die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ingrid Fischbach (CDU), am Donnerstag in Berlin. Die Summe von 5.000 Euro sowie die Zusage der Übernahme von Therapiekosten seien geeignet, das geschehene Unrecht und das Leid der Opfer anzuerkennen.



"Die katholische Kirche signalisiert mit der neuen Regelung, dass sie Verantwortung übernimmt", fügte Fischbach hinzu. "Das Konzept ist Ausdruck einer ernstlichen und aufrichtigen Mitsorge für Menschen, die durch Kleriker, Ordensangehörige oder andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kirchlichen Dienst verletzt wurden." Die Unionspolitikerin würdigte zugleich, dass das Entschädigungsmodell schon ab 10. März in Kraft tritt und eine zügige und unbürokratische Umsetzung zugesagt sei.